Milde beim Datenschutz gefordert
Thüringer Wirtschaftsminister kritisiert Landesbeauftragten. Kammer will Kurswechsel
Erfurt. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ist mehr als unzufrieden mit Landesdatenschützer Lutz Hasse. Er kritisiert die aus seiner Sicht zu scharfe Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gegenüber Unternehmen im Freistaat. Das hat er Hasse in einem Brief mitgeteilt, der dieser Zeitung vorliegt.
Tiefensee nimmt Bezug auf eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt. Ihr zufolge
Seite 11 sehen Unternehmer in Thüringen die restriktive Auslegung der DSGVO durch den Beauftragten als Standortnachteil. Tiefensee fordert Hasse auf, seine Arbeitsweise zu überdenken. „Solche Stimmungsbilder müssen meines Erachtens ernstgenommen werden. Lernende Institutionen, als die sich auch Behörden verstehen sollten, sind aufgerufen, ihre Entscheidungen und Handlungsweisen zu reflektieren.“Der Wirtschaftsminister stellt sich auf die Seite der Unternehmen, die für nicht vorsätzliche begangene Datenschutzverstöße auf eine „sanktionsfreie Heilungsphase“hoffen, während der ihnen keine Bußgelder auferlegt werden. „Es braucht einen grundsätzlichen Kurswechsel und mehr Beratungskapazitäten der Landesverwaltung, um den Wirtschafts- und Bildungsstandort Thüringen wieder attraktiver zu gestalten“, betont IHKHauptgeschäftsführerin Cornelia Haase-Lerch.
Der Landesdatenschützer reagierte auf Anfrage dieser Zeitung reserviert. Lutz Hasse betonte, dass die Grundverordnung seit drei Jahren in Kraft sei und es dafür zwei Jahre Vorbereitungszeit gegeben habe. Gleichwohl wolle er sich in anderen Bundesländern erkundigen, ob es dort eine Art Moratorium gebe, wie von den Unternehmen in Thüringen vorgeschlagen.
Tiefensee, der den Brief auch an Innenminister Georg Maier (SPD) und Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sandte, gibt Hasse noch mit, dass er auch über eine Heilungsphase im Bildungsbereich nachdenken solle. Leitartikel