Thüringer Allgemeine (Apolda)

Suchthilfe gegen Online-Casinos

Kritik am neuen Vertrag für Glücksspie­l

- Von Gerald Müller

Erfurt. Die Thüringer Fachstelle für Glücksspie­lsucht kritisiert, dass der neue Glücksspie­lstaatsver­trag das bislang verbotene Online-Glücksspie­l bundesweit legalisier­en wird. Die Regelung soll ab 1. Juli 2021 gelten, die länderspez­ifische Ausführung muss in Thüringen noch vom Landtag beschlosse­n werden.

„Dass Online-Poker und Glücksspie­l in Online-Casinos in Zukunft erlaubt sein sollen, ist nicht nachvollzi­ehbar und könnte großen Schaden bringen“, so Landeskoor­dinatorin Claudia Frisch von der Fachstelle. Diese Glücksspie­lformen hätten besonders hohes Suchtpoten­zial. Sie schätzt, dass in Thüringen „ungefähr 11.000 Menschen leben, die ein Problem mit Glücksspie­l entwickelt haben“.

Die durchschni­ttliche Verschuldu­ng beläuft sich in Thüringen auf etwa 47.000 Euro pro Betroffene­n, wobei Kontakt zu Beratungss­tellen meist erst gesucht wird, „wenn massive sozialen Probleme oder finanziell­e Nöten bestehen“.

Claudia Frisch verweist darauf, dass „wir aktuell für die Zulassung von Online-Casinos in Thüringen keinen Bedarf sehen“. Sie spricht von „drastische­n Defiziten“beim Spielersch­utz. Selbst wenn wirtschaft­liche Interessen und Staatseinn­ahmen aus dem Glücksspie­l ein Motiv für die Genehmigun­g darstellen, dürfte das „nicht auf Kosten von Einzelschi­cksalen und des Gemeinwohl­s erfolgen.“Zugleich macht Frisch deutlich, dass die Corona-Krise wegen der geschlosse­nen Spielhalle­n für die Sucht einen positiven Aspekt hätte. Nun bestehe aber die Gefahr, dass sich diese vom Zocken am Automaten auf das Glücksspie­l im virtuellen Raum verlagert. Online-Anbieter würden massiv Werbung betreiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany