Inzidenz sinkt sechsten Tag in Folge
Saar-Regierungschef Hans für rasche Lockerungen bei Geimpften
Berlin. Von einem gibt sich Olaf Scholz überzeugt: dass er Bundeskanzler wird. Obwohl die SPD in den Umfragen stabil bei 15 Prozent liegt. Im Interview, das unsere Redaktion gemeinsam mit der französischen Partnerzeitung „OuestFrance“geführt hat, blickt der Finanzminister, Vizekanzler und Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten über die Bundestagswahl hinaus.
Herr Scholz, überlegen Sie schon, was Sie dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei Ihrem Antrittsbesuch im ÉlyséePalast sagen?
Olaf Scholz: Nein, dazu ist jetzt nicht die Zeit. Und der französische Präsident und ich sind uns schon häufiger begegnet. Wir sind uns einig über zwei Dinge: die große Bedeutung der französisch-deutschen Zusammenarbeit für den Fortschritt in Europa und das Ziel einer europäischen Souveränität. In einer Welt, die um die Mitte dieses Jahrhunderts zehn Milliarden Einwohner hat, werden die Staaten der Europäischen Union mit ihren etwa 400 Millionen Einwohnern nur relevant sein, wenn sie gemeinsam handeln.
Berlin. Es ist eine Entwicklung, die Anlass gibt zu vorsichtigem Optimismus: Die Zahl der innerhalb von sieben Tagen gemeldeten CoronaNeuinfektionen pro 100.000 Einwohner ist in Deutschland weiter rückläufig – und zwar bereits den sechsten Tag in Folge. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) lag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag bundesweit bei 146,5. Am Vortag hatte das RKI sie mit 148,6 angegeben, vor einer Woche mit 165,6. Regional gibt es allerdings große Unterschiede.
Die Gesamtzahl der innerhalb von 24 Stunden erfassten Neuinfektionen lag am Sonntag bei 16.290, zugleich wurden 110 neue Todesfälle gemeldet. Vor einer Woche hatte das RKI noch 18.773 Neuinfektio
Darauf kommt es an!
Annalena Baerbock und Armin Laschet haben – nach allen Umfragen – erheblich größere Chancen, als Kanzlerin oder Kanzler nach Paris zu reisen. Wie wollen Sie diese Wahl gegen Grüne und Union gewinnen?
Das Rennen ist völlig offen. Gerade zeigt sich doch die Bewegung, auf die wir von Anfang an gesetzt haben: Die Union verliert erheblich an Zustimmung und wird nur ein Ergebnis von deutlich unter 30 Prozent erreichen. Sie hat keine politischen Konzepte mehr aufzubieten, und ihr Spitzenpersonal überzeugt nicht mal sie selbst. Es ist möglich, das Kanzleramt zu erringen mit einem Wahlergebnis von oberhalb 20 Prozent. Und ich bin sehr zuversichtlich: Der nächste Kanzler wird ein Sozialdemokrat sein.
Ihre Parteichefin Saskia Esken hält Grün-Rot-Rot für ein realistisches Szenario.
Die beiden Parteivorsitzenden, der Fraktionsvorsitzende und ich verfolgen gemeinsam das gleiche Ziel: Die SPD soll die nächste Regierung führen.
Die Corona-Politik wird die Stimmung zur Bundestagswahl prägen. nen und 120 neue Todesfälle binnen eines Tages verzeichnet.
Zugleich haben inzwischen 22,4 Millionen Personen (27 Prozent) mindestens die Erstimpfung
Wie wollen Sie das Impfen beschleunigen?
Endlich geht es auch mit dem Impfen in Deutschland wirklich voran, in der vergangenen Woche hat es an einem einzigen Tag mehr als 1,1 Millionen Impfungen gegeben. Insgesamt haben bereits mehr als 22 Millionen Bürgerinnen und Bürger zumindest ihre erste Impfung erhalten – das sollte uns allen Hoffnung machen. Jetzt müssen wir alle Kräfte mobilisieren, damit das Tempo hoch bleibt und die verfügbaren Impfstoffdosen auch rasch verimpft werden.
Warum halten Sie immer noch an der Impfreihenfolge fest?
Ganz einfach: Für mich ist es ein Zeichen von Respekt, dass wir zunächst die impfen, die besonders schutzbedürftig sind, sowie die, die sich für uns alle im Einsatz befinden und einem besonderen Risiko ausgesetzt sind: die Älteren, diejenigen mit Vorerkrankungen, Polizistinerhalten. 6,4 Millionen sind vollständig geimpft.
In der neuen Woche wollen Bund und Länder nach einer Einigung darüber suchen, welche Corona-Beschränkungen für Geimpfte wegfallen können. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) dringt auf rasche Ausnahmen. „Die weitgehenden Grundrechtseinschränkungen dürfen kein Dauerzustand werden“, sagte Hans unserer Redaktion. Vollständig Geimpfte und von Corona Genesene von privaten Kontakt- und nächtlichen Ausgangsbeschränkungen auszunehmen, halte er „für vernünftig und rechtlich auch geboten“, sagte der Saar-Regierungschef weiter. Im Saarland sind Geimpfte, Genesene und negativ Getestete seit Freitag gleichgestellt. nen und Polizisten, Lehrerinnen und Lehrer. Spätestens im Juni werden wir das Impfen endlich auf alle ausweiten können. Wenn wir zu früh die Priorisierung aufgeben, fürchte ich das Windhund-Prinzip: Wer gut vernetzt ist und jemanden kennt, der jemanden kennt, hat dann viel bessere Karten als jemand, der weniger gut verdrahtet ist. Und ich schlage vor, mobile Impfteams in sozial benachteiligte Stadtteile zu schicken, wo die Inzidenzen oft besonders hoch sind, und dort gezielt zu impfen. Das nutzt uns am Ende allen.
Welche Freiheiten sollen Geimpfte bekommen – und wann?
Geimpfte müssen die gleichen Möglichkeiten haben wie Genesene und frisch Getestete. Das werden wir in einer Verordnung regeln, an der gerade intensiv gearbeitet wird. Mir ist wichtig, dass sich unser Vorschlag streng an den Grundrechten orientiert. Einschränkungen der Handlungsfreiheit sind nur gerechtfertigt, wenn sie dem Schutz der eigenen Gesundheit und der anderer Bürgerinnen und Bürger dienen. Wo das nicht der Fall ist, sehe ich wenig Grundlagen für Beschränkungen.
Was bedeutet das für die Ausgangssperren?
Wenn eine Bürgerin, ein Bürger mit vollständigem Impfschutz, in der Regel also 14 Tage nach der zweiten Impfung, nur mit geringster Wahrscheinlichkeit einen anderen gefährdet, sind bestimmte Beschränkungen schwer zu rechtfertigen. Das Infektionsschutzgesetz sieht bereits Ausnahmen von den Ausgangsbeschränkungen vor: für diejenigen, die Angehörige betreuen, von der Arbeit kommen oder Sport machen zwischen 22 und 24 Uhr. Um Ausnahmen für Personen, die niemanden gefährden, weil sie vollständig geimpft sind, wird man da nicht herumkommen. Die Argumente, die dagegen ins Feld geführt werden, überzeugen mich nicht.
Werden Geimpfte auch von der Maske befreit?
Nein, das glaube ich nicht. Wir werden wohl noch länger Abstandsund Hygieneregeln beachten müssen. Das hört nicht von einem Tag auf den anderen auf, auch nicht für die Geimpften, denn ein Restrisiko bleibt bestehen. Selbst wenn Geschäfte, Restaurants und Hotels wieder offen sind, wenn Kultur- und Sportveranstaltungen wieder stattfinden können, wird es noch Regeln geben zum Schutz für uns alle, die wir zu beachten haben.
Und wie lange?
Das ist seriös nicht vorherzusagen. Mutationen des Virus könnten dazu führen, dass wir uns alle ein drittes Mal impfen lassen müssen. Eines ist mir aber ganz wichtig: Diese Rhetorik des ewigen Winters muss aufhören. Es ist nicht richtig, den Eindruck zu erwecken, dass die Pandemie unendlich weitergeht. Das Ziel ist schon in Sicht, Impfungen und die Tests bringen uns wirklich voran. Ich hoffe sehr, im Sommer wieder in einem Biergarten sitzen zu können. Spätestens Ende Mai sollten wir klare Aussagen über mögliche Öffnungsschritte machen. Strenge ist notwendig, aber die Hoffnung gehört dazu.
Kann das größte Volksfest der Welt – das Münchner Oktoberfest – wieder stattfinden?
Für das Oktoberfest spricht in diesem Jahr noch nicht sehr viel, da teile ich die Skepsis des Münchner Oberbürgermeisters. Große Menschenmengen auf engstem Raum sollten wir uns erst mal noch verkneifen. Wenn die Infektionszahlen stabil unter die kritischen Werte gesunken sind, werden wir Schritt für Schritt öffnen. Schrittweise vorzugehen ist wichtig, sonst würden wir den Weg aus dieser vermaledeiten Pandemie nur verlängern.
„Spätestens Ende Mai sollten wir klare Aussagen über mögliche Öffnungsschritte machen.“