Pandemie-Forschung: Nasenabstriche bei Kamelen
In Kenia erforschen Wissenschaftler den Mers-Erreger, um eine Übertragung von Tieren auf den Menschen zu verhindern
Kapiti. Nelson Kipchirchir macht einen Nasenabstrich. Doch er testet keinen Menschen, sondern ein Kamel, und auch nicht auf Sars-CoV-2, sondern auf den Erreger der Atemwegserkrankung Mers. Damit der kenianische Tierarzt den Teststab im Nasenflügel des verängstigten Dromedars drehen kann, müssen drei Männer das Tier festhalten. Doch die Untersuchung ist unumgänglich für die Forschung am Mers-Syndrom, das von einem anderen Coronavirus ausgelöst wird und viel tödlicher ist als Covid-19. Der Mers-Erreger könnte die nächste globale Pandemie auslösen.
Die Atemwegserkrankung Middle East Respiratory Syndrome, kurz Mers, hatte 2012 für Schlagzeilen gesorgt. Mehr als 850 Menschen starben daran. Kipchirchir und seine Kollegen befürchten, dass der Erreger, der seit einiger Zeit unter Kamelen und in geringerem Maße auch unter ihren Besitzern zirkuliert, mutieren und von den Hirtengemeinden auf die allgemeine Bevölkerung überspringen könnte.
In der Kapiti-Ebene im Süden Kenias untersuchen Wissenschaftler in einer Forschungsstation des International Livestock Research Institute (Ilri) mit Hauptsitz in Nairobi Wildtiere, Vieh und Schafe. 2013 begann das Ilri mit der Forschung an Kamelen in Kenia. Ein Jahr zuvor war Mers in Saudi-Arabien ausgebrochen. Das von einem Coronavirus ausgelöste Syndrom hat eine Todesrate von rund 35 Prozent bei den Infizierten.
Die Covid-19-Pandemie, die in 16 Monaten mehr als 3,15 Millionen Menschen weltweit getötet hat, schärfte den Blick auf die sogenannten Zoonosen – also von Tieren übertragene Krankheiten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) machen sie rund 60 Prozent der Infektionskrankheiten beim Menschen aus.
Auch Mers kann von Wirbeltieren auf Menschen übertragen werden und sprang wahrscheinlich zunächst von Fledermäusen auf Kamele über. Beim Menschen verursacht es mit Fieber, Husten und Atembeschwerden ähnliche Symptome wie Covid-19.
2014 fand eine Studie bei 46 Prozent der untersuchten Kamele und fünf Prozent der Kamelführer und Schlachthofmitarbeiter Mers-Antikörper. „Das Mers, das wir gegenwärtig in Kenia haben, ist nicht einfach auf den Menschen übertragbar“– im Vergleich zu der Variante in Saudi-Arabien, sagt die Biologin Alice Kiyong’a. Doch das Virus verändere sich ständig, betont Eric Fevre, Spezialist für Infektionskrankheiten beim Ilri: „Es ist genau wie bei Covid.“