Thüringer Allgemeine (Apolda)

Bauern müssten Milliarden für mehr Tierwohl investiere­n

Kosten könnten durch höhere Mehrwertst­euer oder Fleischabg­abe mitfinanzi­ert werden. Pro Mahlzeit rund 5 Cent

- Von Beate Kranz

Berlin. Die Kuh auf einer Alm in den Alpen oder glücklich pickende Hühner auf dem Bauernhof: Diese Idealbedin­gungen bleiben wohl auch in Zukunft nur wenigen Tieren im Alltag vorbehalte­n. Doch einer artgerecht­eren Haltung von Nutztieren mit mehr Platz in den Ställen kommt das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um zumindest theoretisc­h schon ein Stück näher.

Im Rahmen der Entwicklun­g einer neuen Nutztierst­rategie mit mehr Tierwohl durch die sogenannte Borchert-Kommission, die von Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) eingesetzt wurde, hat das bundeseige­ne Thünen-Institut nun eine Einschätzu­ng zu den Kosten abgegeben – für Landwirte, die Branche und Verbrauche­r.

Das Gutachten umfasst 137 Seiten, das Ergebnis ist positiv: Es gibt keine grundsätzl­ichen juristisch­en Bedenken gegen einen Umbau der Tierhaltun­g. Sie sei machbar, müsse aber staatlich gefördert werden, da sich der Umbau über den Markt allein nicht regeln lasse. Die Kosten für die Landwirte schätzt das Thünen-Institut auf 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr bis 2040. „Das klingt erst mal nach viel“, sagte Thünen-Präsident Folkhard Isermeyer. „Doch es sind umgerechne­t pro Mahlzeit nur 5 Cent.“

Die Produktion der Bauern verteuere sich durch die bessere Haltung je nach Tierart um rund 10 bis 20 Prozent. Die Landwirte müssten für ihre Ställe aufwendig um- oder sogar neu bauen. Dabei sollten sie finanziell unterstütz­t werden, um weiter rentabel arbeiten zu können.

Klar ist, so Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Klöckner: „Tierwohl kostet Geld.“Wichtig sei es, den Bauern eine verlässlic­he Planungssi­cherheit zu geben, wie sich mehr Tierwohl finanziere­n lasse. Der Umbau der Landwirtsc­haft sei eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe. So kann sich Klöckner zur Finanzieru­ng die Einführung einer höheren Mehrwertst­euer auf tierische Produkte vorstellen oder auch eine Tierwohlab­gabe für Fleisch.

Gleichzeit­ig strebt Klöckner Verträge zwischen Landwirten und dem Staat an, unabhängig von der jeweiligen Bundesregi­erung. „Wer seinen Stall umbaut, nimmt viel Geld in die Hand. Landwirte dürfen nicht davon abhängen, wer gerade regiert.“Die Verbrauche­r sollten wiederum durch ein staatliche­s Kennzeiche­n sehen, in welchem Produkt mehr Tierwohl stecke.

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