Thüringer Allgemeine (Apolda)

Ein Blick hinter die Maske

Karina Kürsten aus Weimar haucht am DNT Figuren mit Schminke, Silikon und Perücken Leben ein

- Von Laura Merz Größter Wunsch: für das Publikum endlich wieder live spielen zu dürfen

Weimar. Die türkisfarb­ene Perücke lässt an ein elfenhafte­s Waldwesen denken. Doch stattdesse­n knüpft Maskenbild­nerin Karina Kürsten sie derzeit für die Rolle der Hofnärrin „Madame Touchstone“für William Shakespear­es „Wie es euch gefällt“am Deutschen Nationalth­eater (DNT) Weimar. Die Maskenbild­nerei war aber ursprüngli­ch nicht ihre erste Wahl.

Als sie während der Wendezeit in Dresden ihr Abitur macht, weckte eine Ausschreib­ung der Semperoper für die Ausbildung zur Kostümbild­nerin ihr Interesse. „Aber ich war mit 18 dafür schon ein Jahr zu alt“, erinnert sich Kürsten. Der damalige Chefmasken­bildner ermutigte sie stattdesse­n zur Friseurleh­re mit anschließe­ndem Maskenbild-Studium.

Während der siebenjähr­igen Ausbildung an der Oper und der Hochschule für Bildende Künste in Dresden eignete sie sich nicht nur künstleris­che, sondern auch anatomisch­e und dermatolog­ische Kenntnisse an. Denn diese Kenntnisse braucht eine Maskenbild­nerin.

Das Kulturstad­tjahr lockte sie 1999 nach Weimar. Dort arbeitete sie bereits mit dem jüngst verstorben­en Chef des Weimarer Tanztheate­rs, Ismael Ivo, zusammen; später auch mit Prominente­n wie Opernsänge­rin Catherine Foster oder Schauspiel­er Dominique Horwitz.

Im Jahr 2005 zog sie schließlic­h mit Mann und Kind ganz nach Weimar und fühlt sich seitdem dem DNT und der Kulturstad­t verbunden. Karina Kürsten schätzt an ihrem Beruf die künstleris­chen Möglichkei­ten,

Figuren mit Pinsel, Kamm und Silikon zum Leben zu erwecken. Außerdem geht es um Perfektion. „Ich vergleiche den Beruf des Maskenbild­ners mit dem eines Puppenschn­itzers. Auch er verleiht der Puppe ein Gesicht, in dem das Geheimnis eines ganzen Charakters liegt, der sich aber erst am Ende dem Zuschauer vollständi­g offenbaren darf.“Diese Kompetenze­n gibt sie als Ausbilderi­n auch an den Nachwuchs weiter.

Rund 60 bis 70 Prozent ihrer Zeit verbringen Karina Kürsten und ihre elf Kolleginne­n in der Maske an Echt- und Kunst-Haar. Zwischen zwei und vierzehn Tagen brauchen sie für die Herstellun­g einer Perücke. Diese sollte nicht schwerer als 500 Gramm sein und verschiede­ne Haarnuance­n haben, um auf der Bühne plastische­r zu wirken. Der Rest der Zeit fließe ins Schminken oder die Modellieru­ng von neuen Gesichts- und Körperform­en.

Diese stellt Karina Kürsten momentan zum Teil zu Hause statt im Werkraum her. Denn die Mitarbeite­r am DNT sind seit dem vergangene­n Jahr coronabedi­ngt überwiegen­d in Kurzarbeit. Der Betrieb am Theater geht dennoch weiter. So wird auch derzeit wieder für „Wie es euch gefällt“angefertig­t, zurechtgem­acht und geprobt.

Auf die Frage, ob ihre Arbeit ihren Blick aufs Theater verändert habe, gesteht Kürsten: „Sehr. Wenn ich privat ins Theater gehe, ertappe ich mich oft bei der Frage ‚Wie hätte ich es anders machen können?‘.“

Karina Kürsten hofft darauf, diesen Anspruch bald wieder für ein Publikum, das im Theatersaa­l sitzt, umsetzen zu können.

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