Tod und Verzweiflung am Flughafen Kabul
Chaos macht Rettung aller Fluchtwilligen unwahrscheinlich. Grüne, Linke und FDP fordern Untersuchungsausschuss
Kabul. Verzweifelte Familien, abgewiesene Ortskräfte und Tote in der Menschenmenge vor den Toren des Airports: Die Situation am Flughafen von Kabul hat sich am Wochenende zugespitzt. Es werde weiter versucht, so viele Schutzbedürftige „wie möglich“aus Afghanistan zu retten, sagte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Doch den NatoStaaten läuft die Zeit davon.
Am 31. August soll die US-Evakuierung enden. Und ein Abzug der USA, das machten Brüssel und London klar, würde ein Ende auch aller anderen westlichen Rettungsaktionen bedeuten. Die Europäer hätten „nicht die militärische Kapazität, den Militärflughafen zu besetzen und zu sichern“, warnte der EUAußenbeauftragte Josep Borrell.
Verstörende Aufnahmen vom Umfeld des Kabuler Flughafens veröffentlichte der britische Sender Sky News. Auf Videos sind mindestens drei in weiße Planen gehüllte Leichen zu sehen. Menschen würden in der Masse vor dem Flughafen „erdrückt“, berichtete ein SkyReporter. Laut dem britischen Verteidigungsministerium starben mindestens sieben Menschen.
Angesichts der Lage in Afghanistan nach dem Abzug der Nato-Staaten fordern Grüne, Linke und FDP einen Untersuchungsausschuss des Bundestags. Der Ausschuss müsse kommen, unabhängig davon, wer die nächste Bundesregierung anführe, sagte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Sonntag im ARD-Sommerinterview. „Das, was an Desaster passiert ist, das können wir nicht einfach verschweigen“, sagte Baerbock. Es gehe darum, aus Fehlern zu lernen. Auch Linke-Fraktionschef Dietmar
Bartsch sprach von einem „Desaster“. „Das muss schonungslos aufgearbeitet werden“, sagte Bartsch unserer Redaktion. Zudem dürften die Verantwortlichen kein Regierungsamt mehr bekleiden.