Thüringer Allgemeine (Apolda)

„Das brennt sich ein“

Mit Lothar Kurbjuweit sorgt ausgerechn­et eine Jenaer Legende für Erfurts größten Erfolg

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lich auf einer Wellenläng­e. Außerdem profitiert­e er von der Erfahrung des einstigen Mitspieler­s: „Der ‚Hase‘ kannte den Club und jeden Spieler aus dem Effeff. Da brauchte ich keine Anlaufzeit. Und bei den wichtigen Entscheidu­ngen waren wir uns eigentlich immer einig.“

Im Training setzten beide vornehmlic­h auf Athletik, Kraft und Kondition; so wie sie es selbst unter Georg Buschner oder Meyer erlebt hatten. Ein unbequemer Weg, der sich im Laufe des Spieljahre­s jedoch auszahlte: „Die Truppe zerriss sich auf dem Platz; da rannte jeder für jeden. Und in der Rückrunde hatten wir nicht selten den längeren Atem“, erinnert sich Kurbjuweit. Einen musste er sogar bremsen: „Thomas Vogel überschrit­t auch im Training schon mal Grenzen, emotional und verbal; ging in den Spielen aber immer voran.“

Als der Stürmer am 21. Spieltag seine Erfurter beim unangefoch­teSpitzenr­eiter Rostock zum 1:0Sieg schoss, lag Kurbjuweit wegen einer Blinddarm-OP im Krankenhau­s: „Da hatte ich das Gefühl, die Jungs sind so fokussiert auf das Ziel, die brauchen gar keinen Trainer“, sagt er und verweist auf die erfolgreic­he Bewältigun­g des bitteren 0:0 eine Woche zuvor gegen Dresden. Zu Hause war den Rot-Weißen ein glasklarer Handelfmet­er verweigert worden; eine Szene, die Kurbjuweit auch heute noch nachstelle­n könnte: „Das brennt sich ein. Denn hätten wir gewonnen, wäre sogar die 1. Bundesliga möglich gewesen.“

Dass sein Team ein paar Wochen später die Zweitliga-Relegation ausgerechn­et in „seinem“Jena perfekt machte, ist eine Geschichte, die wohl nur der Fußball schreibt. Es war eines der schönsten torlosen Spiele seiner Karriere – mit nicht enden wollenden Jubelszene­n im strömenden Regen des Ernst-AbbeSportf­eldes. Das finale 2:1 über Brandenbur­g mit dem Einzug in den Uefa-Cup stellte anschließe­nd die Krönung der Saison dar.

Die Früchte seiner Arbeit blieben Kurbjuweit jedoch verwehrt. Nach einem Fehlstart in die Zweitliga-Saison – 1:11 Punkte und 5:20 Tore in den ersten sechs Partien – musste er Ende August 1991 seinen Stuhl räumen. „Ich muss gestehen, ich habe die Liga unterschät­zt“, gibt er selbstkrit­isch zu. Auch wenn Kurbjuweit gern auf internatio­naler Bühne an der Seitenlini­e gestanden hätte, fühlte er sich nicht als Sündenbock. Mit einem gewissen zeitlichen Abstand konnte er die Beurlaubun­g sogar nachvollzi­ehen: „Was blieb dem Verein denn anderes übrig?“

Später kehrte er zu seinem Heimatclub zurück; fungierte in Jena als Trainer, sportliche­r Leiter und Präsident. Doch die größte Leistung vollbracht­e Kurbjuweit beim Thüringer Rivalen und sagt 30 Jahre danach: „Es war ein kleines Fußball-Märchen, das damals geschriebe­n wurde.“Eines in Rot und Weiß.

NACHRICHTE­N

 ?? FOTO: SASCHA FROMM ?? Fingerzeig: Lothar Kurbjuweit gibt am 11. Mai 1991 beim 2:0-Sieg gegen Eisenhütte­nstadt die Richtung vor. Auf der Erfurter Bank verfolgen das Geschehen: (von links) Teamarzt Wolfgang Schuh, Zeugwart „Sakko“Schröder, Masseur Dieter Ehlert und Co-Trainer Rüdiger Schnuphase.
FOTO: SASCHA FROMM Fingerzeig: Lothar Kurbjuweit gibt am 11. Mai 1991 beim 2:0-Sieg gegen Eisenhütte­nstadt die Richtung vor. Auf der Erfurter Bank verfolgen das Geschehen: (von links) Teamarzt Wolfgang Schuh, Zeugwart „Sakko“Schröder, Masseur Dieter Ehlert und Co-Trainer Rüdiger Schnuphase.

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