Der Kampf um den Rasenmäher Fragen & Antworten
Die FDP will pauschal eine halbe Milliarde sparen. Doch geht das?
Erfurt. Die FDP-Gruppe im Landtag stellte Mittwoch ihre Forderungen für den Landeshaushalt 2022 vor, der in gut drei Wochen verabschiedet werden soll. Neben mehr Ausgaben für Kommunen, Digitalisierung oder Meisterbonus will sie – ähnlich wie die CDU – 500 Millionen Euro über die sogenannten globale Minderausgaben einsparen. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was sind globale Minderausgaben? Es handelt sich um die Beschränkung von Ausgaben im Haushalt, wobei sie nicht einzeln, sondern pauschal für den gesamten Etat – also global – festgelegt werden. Gesetzliche Leistungen, zu denen in der Regel auch die Gehälter der Landesbediensteten zu zählen sind, sind davon ausgenommen. Das heißt, die Kürzungen betreffen Investitionen, Sachkosten Zuschüsse an Vereine oder Förderprogramme.
Wer muss dann kürzen?
Die Landesregierung, in diesem Fall das Finanzministerium. Es muss die vom Landtag vorgegebene Summe bei den Ausgaben berücksichtigen. Wenn Finanzministerin Heike Taubert (SPD) absehen könnte, dass sie die geforderte Summe nicht einfach im täglichen Geschäft einsparen kann, wäre sie gezwungen, Haushaltssperren zu verhängen. So müsste dann die Fachministerien anweisen, Investitionen zu verzögern oder Programme, Zuschüsse und Sachkosten um zum Beispiel zehn Prozent zu kürzen. Das wäre dann das, was Haushälter einen Rasenmäher nennen.
Aber besitzt nicht das Parlament die Finanzhoheit?
Der Beschluss des Haushalts obliegt allein dem parlamentarischen Gesetzgeber. Aus diesem Königsrecht erwächst auch die Pflicht, dieses Recht wahrzunehmen. So heißt es im Grundgesetz: „Alle Einnahmen und Ausgaben […] sind in den Haushaltsplan einzustellen.“Und den Plan macht das Parlament. Wenn es also das Parlament Ausgaben vorsieht, obwohl die nötigen Einnahmen fehlen und gleichzeitig der Regierung frei überlässt, die Ausgaben wieder zu kürzen, verstößt es damit gegen das Prinzip der Haushaltsklarheit und -wahrheit.
Also wäre das Vorgehen verfassungswidrig?
Nicht unbedingt. Zu diesem Thema gibt es keine Urteile, nur Hinweise in Rechtskommentaren. So wird ein Minderausgabe von bis zu zwei Prozent des Gesamthaushalts als verhältnismäßig angesehen, weil der Staat erfahrungsgemäß am Ende des Jahres nicht das gesamte geplante Geld ausgibt. Zwei Prozent wären in Thüringen etwa 240 Millionen Euro – also nur knapp die Hälfte der Summe, die von der Opposition verlangt werden.
Was meint die Opposition zu den verfassungsrechtlichen Bedenken? Sie seien unbegründet, sagt FDPGruppenchef Thomas Kemmerich. Die Ausgaben blieben in der jetzigen Form gar nicht gedeckt. Das Parlament gebe mit der Minderausgabe nur die Aufgabe an die Landesregierung zurück, Ausgaben und Einnahmen in Balance zu bringen. „Wir werden nicht in der Lage sein, das in der jetzigen Phase der Haushaltsgestaltung noch umzusetzen.“
Wie kommen überhaupt Union und FDP auf die halbe Milliarde?
Die Fraktionen argumentieren damit, dass in den vergangenen Jahren viel weniger Geld ausgegeben wurde, als im Etat verplant war. Die CDU verweist darauf, dass in den Jahren 2018 bis 2020, die noch allein von der rot-rot-grünen Koalition verantwortet wurden, Haushaltsreste in durchschnittlicher Höhe von 460 Millionen Euro übrig blieben. Laut FDP flossen allein bei den Investitionen rund 200 Millionen Euro nicht ab, zudem ist jede 11. Stelle im Haushalt nicht besetzt.
Ist das nicht ein valides Argument? Taubert sagt Nein. Zwar sei es geboten, den Etat „auf ein realistisches Maß zurückzuführen“. Dies habe sie aber im Regierungsentwurf getan. Am Ende schiebe der Landtag seine verfassungsrechtliche Verantwortung ab, wenn er die Kürzungen der Regierung überlasse.