Thüringer Allgemeine (Apolda)

„Ich nehme den Gruber nicht mit nach Hause“

TV-Star Hans Sigl über seine Rolle in der Serie „Bergdoktor“, Dreharbeit­en in Coronazeit­en und Vorbilder

- Von Martin Weber

München. Er ist der Arzt, dem die Zuschauer vertrauen: Bergdoktor Martin Gruber, gespielt von Hans Sigl (52). Mehrere Millionen Menschen fiebern regelmäßig mit, wenn der empathisch­e Mediziner in der Fernsehser­ie „Der Bergdoktor“den Berufsallt­ag und sein turbulente­s Familienle­ben unter einen Hut kriegen muss. Vom 13. Januar an sind immer donnerstag­s im ZDF neue Folgen zu sehen, zum Auftakt gibt es ein Winterspec­ial.

Ihre Serie „Der Bergdoktor“geht 2022 in die nächste Runde. Was erwarten Sie vom neuen Jahr?

Hans Sigl: Auf jeden Fall, dass wir bei der Covid-Bekämpfung weitere Fortschrit­te machen und alles in allem wieder in eine entspannte­re und empathisch­ere Situation hineinkomm­en. Es wäre einfach schön, wenn sich alles wieder etwas beruhigt. Ich kann mir zwar vorstellen, dass da noch einige Dinge auf uns zukommen werden, von denen wir jetzt noch keine Ahnung haben, aber wir haben ja jetzt schon ein probates Mittel gegen Covid, und das ist natürlich das Impfen.

Was würde der von Ihnen gespielte Bergdoktor Martin Gruber zur Pandemie sagen?

Ich denke, er würde seinen Patienten eine ganz klare Impfempfeh­lung ausspreche­n und ihnen klarmachen, dass das momentan der einzige Weg aus der Krise ist. Und nicht nur das, er würde wahrschein­lich zu jedem seiner Patienten mit der Spritze im Gepäck nach Hause fahren. So wie ich ihn kennengele­rnt habe, würde er das mit Sicherheit machen (lacht).

Warum spielt Corona in der Serie keine Rolle?

Das hat einfach damit zu tun, dass wir bei den Dreharbeit­en zur neuen Staffel im abgelaufen­en Jahr noch gar nicht wussten, wie sich das mit der Pandemie entwickeln würde. Wir hatten also keine Ahnung, wie die Situation bei der Ausstrahlu­ng der neuen Folgen sein würde, und deshalb haben wir auf das Thema ganz verzichtet. Dazu kommt, dass wir Unterhaltu­ng produziere­n und für Entspannun­g beim Zuschauer sorgen möchten, und da passt Covid einfach nicht rein.

Sind zu den Dreharbeit­en trotz Corona wieder so viele Fans zum Wilden Kaiser gepilgert wie sonst auch?

Es kamen wieder viele Fans zur Praxis von Martin Gruber, aber das Ganze ging wegen Covid natürlich etwas distanzier­ter vonstatten. An einem schönen Tag kommen da ja manchmal mehrere Hundert Leute. Es gab verschärft­e Sicherheit­svorkehrun­gen, und es war ganz erstaunlic­h, wie schnell wir Schauspiel­er und alle anderen Beteiligte­n uns daran gewöhnt haben, dass wir jeden Tag von einem Menschen im weißen Kittel auf Corona getestet wurden.

Stören die vielen Fans manchmal den Ablauf der Dreharbeit­en? Manchmal schon, und es ist oft auch ein Sicherheit­srisiko, weil viele Fans auf der Straße stehen, wo ja der ganz normale Verkehr weiterläuf­t, da fahren LKW und Traktoren vorbei, da muss man schon aufpassen. Das fordert uns logistisch ganz schön. Die meisten Fans sind aber disziplini­ert und verhalten sich ruhig, wenn gedreht wird.

Sie spielen den Martin Gruber schon lange. Hat etwas von ihm auf Sie abgefärbt?

Nein. Für mich ist die Schauspiel­erei ein Beruf, bei dem ich strikt zwischen Profession und Privatlebe­n trenne. Ich bin froh, dass man mir bei der Gestaltung der Rolle weitgehend freie Hand gelassen hat, und ich glaube, ich habe dem Kollegen Gruber eine gute Portion Pragmatism­us und Empathie mitgeben können. Dass er auf mich abgefärbt hat, sehe ich allerdings nicht. Ich spiele die Rolle, und wenn der Drehtag zu Ende ist, bleibt sie auch im Garderoben­wagen. Ich nehme den Gruber nicht mit nach Hause.

Martin Gruber bewahrt in jeder Situation

einen kühlen Kopf. Sind Sie auch so gestrickt?

Das weiß ich gar nicht, aber sagen wir mal so: Je stressiger ein Tag wird, desto ruhiger werde ich. Das hat vielleicht was mit Berufserfa­hrung zu tun, ich habe gelernt, dass kopfloser Aktionismu­s nie zu einer guten Lösung führt. Je mehr Anspannung herrscht, desto cooler versuche ich zu sein.

Geht man als Schauspiel­er eine Shakespear­e-Rolle anders an als den Bergdoktor?

Ja, das tut man. Ich habe früher am Theater ja auch Shakespear­e gespielt, da geht es um Abgründe, und das macht natürlich was mit einem, da geht man ganz anders rein. Es ist schon in der Vorbereitu­ng ein ganz anderer, schweißtre­ibender Prozess, sich eine solche Rolle anzueignen. Das ist beim Fernsehen und speziell beim „Bergdoktor“natürlich was ganz anderes: Man muss ebenfalls top vorbereite­t sein, aber beim Drehen geht es vor allem um

Handwerk, das schnell abgerufen werden muss, wir haben für jede Szene ja nur relativ wenig Zeit. Man muss seinen Instrument­enkasten kennen und damit umgehen können, um einen beliebten Begriff aus der Covid-Krise zu zitieren.

Hatten Sie als junger Schauspiel­er Vorbilder?

Am Tiroler Landesthea­ter in Innsbruck damals waren es vor allem ältere Kollegen, bei denen ich mir abgeguckt habe, wie man es macht, aber auch, wie man es nicht macht. Bei den Guten habe ich Disziplin und Präzision gelernt und bei den weniger Guten, dass eine Rolle niemals ein Ersatz für Psychother­apie sein kann.

Aber jeder junge Schauspiel­er hat doch auch ein paar berühmte Namen im Kopf, oder?

Das waren bei mir vielleicht Leute wie Robert de Niro, Dustin Hoffman oder John Malkovich – das sind heute noch Kollegen, denen ich wahnsinnig gerne zugucke. Bei denen stimmt jeder Satz und jeder Blick, das ist einfach eine große Wahrhaftig­keit, die da transporti­ert wird. Ein Vorbild im eigentlich­en Sinne hatte ich allerdings noch nie.

Beim „Bergdoktor“spielen Österreich­er und Deutsche mit. Gibt’s einen Unterschie­d?

Ich glaube schon: Der Österreich­er ist in der Regel ein Schauspiel­er, der aus dem Bauch heraus spielt, und der deutsche Kollege kommt mehr vom Kopf her. Der Österreich­er probiert gerne mal spontan was aus, und der Deutsche bespricht vor jeder Szene den Ablauf erst mal ganz genau. Ich nenne die deutschen Freunde und Freundinne­n gerne die „würdevolle­n Kollegen“, weil sie in der Vorbesprec­hung immer sagen: „Dann würde ich da hingehen und dann würde ich das machen“und so weiter. Das ist immer wieder lustig (lacht).

„Das ist einfach eine große Wahrhaftig­keit, die da transporti­ert wird.“Hans Sigl über Top-Schauspiel­er

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FOTO: KERSTIN JOENSSON/PA Hans Sigl während Dreharbeit­en zur Serie „Der Bergdoktor“in Ellmau, Tirol. Seit 2008 gibt er den Arzt Martin Gruber.

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