Djokovic in Bedrängnis
Der serbische Tennisstar gerät in der Posse um seinen Start bei den Australian Open weiter unter Druck und muss Fehler einräumen
Melbourne. Novak Djokovic sah sich gezwungen zu handeln. Weit in die Defensive gedrängt, räumte der 20malige Grand-Slam-Sieger am achten Tag der Posse um seine Aufenthaltsberechtigung in Australien öffentlich Fehler ein – wohl um die ermittelnden Behörden etwas zu beschwichtigen. Doch die Gefahr einer Ausweisung des Serben dürfte angesichts seines fahrlässigen Verhaltens und vieler offener Fragen noch einmal größer geworden sein. Djokovic ist in Bedrängnis.
„Wir leben in schwierigen Zeiten einer globalen Pandemie, und manchmal können solche Fehler passieren“, schrieb der ungeimpfte
Branchenprimus in einer Erklärung bei Instagram. Darin räumte er ein, in seiner Heimat Belgrad trotz der Kenntnis eines positiven PCR-Tests einen Termin mit der französischen Sportzeitung L’Equipe wahrgenommen zu haben. Hinzu kommt die „unabsichtliche“Falschangabe auf dem Einreisebogen, er sei in den 14 Tagen vor dem Abflug nach Melbourne nicht gereist. Tatsächlich hatte sich der 34-Jährige in Serbien und Spanien aufgehalten. Für dieses „menschliche und sicher nicht absichtliche“Versehen zeichne sein Management verantwortlich, das die Papiere eingereicht habe und aufrichtig um Entschuldigung bitte.
Die nun bestätigten Verstöße interessieren die Ermittler brennend.
Sie weiteten ihre Untersuchungen aus. Ein Sprecher des Einwanderungsministeriums sagte, dass die neuen Ausführungen „natürlich den Zeitrahmen für eine Entscheidung beeinflussen“würden.
Auch ein Bericht des Spiegel zu möglichen Unregelmäßigkeiten um das Datum von Djokovics CoronaTestung stieß offenbar auf größeres Interesse. Die Behörden verfügen trotz der Niederlage vor Gericht weiter über Machtinstrumente, mit denen sie Djokovic ausweisen können – sowohl aufgrund der umstrittenen Ausnahmegenehmigung von der Impfung als auch aus charakterlichen Gründen, hieß es.
Djokovic hat sich in der Vergangenheit immer wieder impfkritisch geäußert und 2020 die umstrittene Adria Tour veranstaltet, bei der sich mehrere Teilnehmer mit dem Coronavirus infizierten – er selbst auch. Sein Verhalten nun nach seiner zweiten Infektion, laut eigener Angaben am 16. Dezember nachgewiesen, wirft erneut viele Fragen auf.
Bei einer Veranstaltung mit Kindern einen Tag nach dem positiven Test will er noch nichts vom Ergebnis gewusst haben. Am 18. Dezember erschien er dann aber bei der L’Equipe trotz Kenntnis der Infektion und teilte den Vertretern der Zeitung davon nichts mit. Dies sei im Nachhinein eine „Fehleinschätzung“gewesen, sagte Djokovic, er habe den Journalisten nicht hängen lassen wollen, immer Abstand gewahrt und außer beim Fotoshooting stets eine Maske getragen.
Es ist ein Vorfall, der auch Serbiens Behörden interessieren dürfte. Schließlich sagte Premierministerin Ana Brnabic, es handle sich um einen Regelverstoß, wenn Djokovic nach einem positiven Test die Isolation verlassen habe.
Der Eindruck, dass es der serbische Volksheld mit den PandemieRegeln nicht so genau nimmt, hat sich weiter verfestigt und dürfte seinem Vorhaben, die kommenden Wochen in Melbourne zu verbringen, nicht wirklich zuträglich sein. Australien kämpft seit 2020 mit strikten Maßnahmen gegen das Virus an. Umso schwerer könnte Djokovics Sorglosigkeit wiegen.