„Noch so ein Jahr wird schwierig“
Was Corona-Auflagen für Thüringer Fitnessstudios bedeuten
Die Einschränkungen der Corona-Pandemie haben die Fitnessbranche besonders hart getroffen. Nach mehrwöchiger Schließung der Studios im Frühjahr 2020 folgte ein zweiter Lockdown über sieben Monate bis Juni 2021. Inzwischen gilt in Thüringen die 2GplusRegel für Sport in Innenräumen, nur Menschen mit Auffrischungsimpfung müssen sich nicht mehr zusätzlich testen.
Tobias Rautenstrauch ist dennoch zufrieden mit der Bilanz des vergangenen Jahres. Das FitnessLoft in Nordhausen wurde im Sommer 2020 eröffnet – mitten in der Pandemie. Den zweiten Lockdown habe man für letzte Renovierungen und eine Marketing-Strategie genutzt. Für die Kunden der Kette gab es individuelle Trainings-Programme für zu Hause über eine App. Rautenstrauch rechnet nun mit einem „Neujahrsschwung“.
Viele Studios bieten Schnelltests direkt am Einlass an
Anders sieht es in anderen Fitnessstudios Thüringens aus. „Es läuft nicht so, wie es sollte“, schätzt Andreas Kowalski die Situation ein. Er ist Geschäftsführer der Sportstudio Kowalski GbR mit drei Fitnessstudios in Bad Langensalza, Mühlhausen und Leinefelde. Wechselnde Zugangsregeln sorgten bei seinen Mitgliedern für Unverständnis und sinkende Motivation. Einige hätten gekündigt, Neu-Anmeldungen kämen sehr verhalten. „Noch so ein Jahr wie das letzte wäre sehr schwierig“, prognostiziert er. Die wirtschaftliche Situation ist angespannt, so der Tenor unter einigen Betreibern. In vielen Studios können die Verträge während der Pandemie ruhen. Der Impfstatus der
Mitglieder wird meist im System erfasst, die Kontaktnachverfolgung erfolgt ebenfalls digital.
Wegen der 2Gplus-Regel machen es viele Studios möglich, mitgebrachte Tests vor Ort unter Aufsicht durchzuführen. Eine andere Möglichkeit, die unter anderem das POM in Weimar bietet, ist ein eigenes Testzentrum für Mitglieder. Geschäftsführer Thorsten Braun findet wichtig, in Pandemie-Zeiten Kontakt zu den Mitgliedern zu halten. „Die Leute wollen wissen, was sie hier erwartet“, sagt er. Man müsse die Angst vor Infektionen nehmen und zeigen, dass trotz Corona sicher trainiert werden kann.
Im Body House in Neustadt an der Orla funktioniert die Kommunikation mit den Mitgliedern über WhatsApp und Anrufe. Außerdem war es hier während des Lockdowns möglich, Geräte wie Hanteln
oder Spinning-Fahrräder auszuleihen, um zu Hause zu trainieren. Sina Mühling, Tochter der Inhaber, berichtet von pandemiebedingten psychischen Problemen der Mitglieder, gegen die Bewegung helfe. Genauso wie gegen Rückenschmerzen oder zusätzliche Pfunde. Sie betont, dass Sport Teil der Lösung gegen die Pandemie sei, was die Politik ihrer Meinung nach stärker berücksichtigen sollte.
Viele Mitglieder des Revital Fit in Schnepfenthal (Landkreis Gotha) haben verständnisvoll auf die Einschränkungen reagiert, die Neu-Anmeldungen blieben dennoch aus. So rechnet Inhaber Jens Schilling nicht mit einem Neujahrs-Ansturm, für den er sonst zusätzliche Angebote gemacht hat. Darauf hat er für dieses Jahr komplett verzichtet.
Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen
(DSSV) geht davon aus, dass das Neujahrsgeschäft fast völlig entfallen wird. Ende 2020 waren in Thüringen mit 171.000 Menschen deutlich weniger Mitglieder in Fitnessstudio angemeldet als noch im Vorjahr, das 209.000 Mitgliedschaften verzeichnete. Ähnlich sieht es bei den Mitarbeitenden aus: Waren Ende 2019 noch mehr als 64.000 Menschen in Thüringer Fitnessstudios tätig, sind es Ende 2020 noch etwas mehr als 51.000. „Vielen Betrieben fehlt es an Liquidität und auch die finanziellen Hilfen des Bundes fruchten nicht mehr“, sagt Florian Kündgen, stellvertretender Geschäftsführer des Verbandes auf Nachfrage. Demnach werden auch die Zahlen der Mitarbeitenden in Thüringer Fitnessstudios weiter sinken. Der DSSV fordert daher eine Anpassung der Überbrückungshilfen für die Branche.