Ziemlich erwachsen
Der Kika feiert seinen 25. Geburtstag mit neuen Formaten und mehr Mitbestimmung
Erfurt .
Ein Überraschungspaket mit roter Riesenschleife auf Rallye durch eine Stadt, die vielen Zuschauern damals kaum etwas sagte: So startete am 1. Januar 1997 der Kinderkanal.
Ein gemeinsamer Sender nur für Kinder, mit geprüften Inhalten, gewaltfrei, werbefrei. An der Idee, erinnert sich ZDF-Intendant Thomas Bellut, habe es in den Büros der Öffentlich-Rechtlichen keine Zweifel gegeben. Aber ausgerechnet in Erfurt? Wo lag das überhaupt? Die Begeisterung, erinnert sich ZDF-Intendant Thomas Bellut, hielt sich damals, nun ja, in Grenzen.
Die anfängliche Standort-Skepsis habe sich längst gelegt. Die Entscheidung für Erfurt habe sich wahnsinnig gelohnt, sie sollte Mut für Künftiges machen. Und der Grundgedanke, bemerkt MDR-Intendantin Carola Wille, den Kindern eine mediale Stimme zu geben, ihnen ein Partner zu sein, der inspiriert, Spaß macht, Werte und Wissen vermittelt, der sei bis heute die DNA des Kanals.
Was mühelos jeder bestätigen kann, der in den vergangenen 25
Jahren Kinder großgezogen hat. Kika-Programmgeschäftsführerin Astrid Plenk verweist auf Erhebungen, wonach der Kanal das beliebteste Medienangebot für Kinder ist. Was in Zeiten rasant wachsender Angebote, Streamingdienste eingeschlossen, schon eine Leistung sei.
Wenn man vom Untreueskandal 2011 absieht, der laut Intendantin Wille den Kinderkanal zwar bis heute finanziell belastet, aber zu keinem Vertrauensverlust bei den Zuschauern führte, klingt das nach einer fast ungetrübten Bestandsaufnahme. Und schließlich ist der Anlass
dieser digitalen Kika-Runde ein Geburtstag, da kann man schon mal feiern. Und vor allem einen Blick nach vorn werfen, auf das Geburtstagsjahr.
Dazu gehört unbedingt eine stärkere digitale Aufstellung. Die heutigen Zuschauer wachsen mit digitalen Medien auf, da will der Kanal mitwachsen. Die Mediathek soll im zweiten Halbjahr neu gestartet werden. Übersichtlicher, mit Interaktionen und vertiefenden Angeboten zu Lieblingssendungen. Podcasts oder der Blick hinter die Kulissen des Klassikers „Schloss Einstein“zum Beispiel erlauben längeres Verweilen auch nach dem Abspann.
Eine Bildungs-App mit erprobten Inhalten aus Wissenssendungen soll interaktives Lernen anbieten. Überhaupt bleibt natürlich der Bereich der Wissensvermittlung im Focus. Während der Schulschließungen in der Pandemie waren die aufgestockten Bildungsprogramme für viele Homeoffice-gestresste Eltern ein rettendes Argument, ihren Kindern mehr Fernsehen zu erlauben. Und dass so mancher Erwachsene die abendliche Nachrichtensendung „logo!“der Tagesschau vorzieht, wenn es komplizierter wird, ist auch kein Geheimnis. Aus der Sparte Eigenproduktion kündigt die Programmchefin unter anderen die Animationsserie „Ach du heilige Scheibe“an. Sie wird zwar in Halle produziert, dockt aber an ein Thema an, dass auch in Thüringen gut verortet ist: Es geht, man ahnt es, um die Himmelsscheibe von Nebra und die Bronzezeit.
Auf experimentelles Terrain begibt sich der Kika mit dem „Jüngsten Gericht“, ein crossemdiales Format, das Jugendkriminalfälle mitten aus dem Leben behandelt.
Die Zuschauer der ersten KikaStunde sind heute selber Eltern, auch für sie will der Kanal in seinen digitalen Angeboten da sein. Astrid Plenk spricht von einem digitalen Elternabend, wo Erwachsene vor allem Fragen zur Mediennutzung loswerden können.
Nicht zuletzt: Das Geburtstagsjahr soll auch das Jahr der Mitbestimmung werden. Gerade laufen die Bewerbungen für einen Redaktionsrat, der im Frühjahr gegründet werden soll. Seine neun bis 13-jährigen Mitglieder sollen ihre Sicht auf Themen und Formaten einbringen können. Was ja nur logisch ist, schließlich sind sie für sie bestimmt.