Thüringer Allgemeine (Apolda)

Weimarerin siegt gegen VW

Wie David gegen Goliath: Der Konzern erleidet mit abgelehnte­m „Dieselgate“-Vergleich vor Gericht Schiffbruc­h

- Von Susanne Seide * Name von der Redaktion geändert

Weimar. Als die Mail ihrer Anwaltskan­zlei einging, flossen ein paar Tränen. Elisabeth Steinmülle­r* war erleichter­t. Nach drei Jahren hat sie vor dem Landgerich­t Erfurt gegen den scheinbar übermächti­gen VWKonzern gewonnen.

Begonnen hatte die Geschichte vor fast zehn Jahren. Auf der Suche nach einem neuen Auto sah die Weimarerin, wie Bundespräs­ident Christian Wulff (CDU) nach seinem Rücktritt am 17. Februar 2012 mit einem Skoda Yeti die Heimreise nach Hannover antrat. Der Wagen gefiel ihr.

Auf der Suche nach einem solchen Auto entdeckte ihr Mann online das perfekte Gefährt für die Berufspend­lerin: Ein Diesel, den vorher jemand aus der deutschen Konzernzen­trale gefahren habe. Es war, sagt die Weimarerin, das erste Auto, das sie richtig liebte.

Aus der „Love-Story“entwickelt­e sich ein Drama. Die „Dieselgate“-Vorwürfe wurden laut und ihr Yeti Ende 2016 zum Software-Update in ein Weimarer Autohaus gerufen. Die Probleme danach begannen mit einem ständig verstopfte­n Rußpartike­l-Filter. Das Display meldete diesen auch schon mal direkt nach einem Werkstatt-Besuch, berichtet die 58-Jährige. Unnötige Fahrten, um jenen „frei zu blasen“waren ärgerlich, aber erst der Anfang.

Das Ende: Im August 2018 stieg der Motor mit Totalschad­en aus. Skoda ließ ein komplett überholtes Aggregat auf Kulanz einbauen, was den Konzern fast 16.000 Euro gekostet habe. Der Erfolg sei von kurzer Dauer gewesen: Bereits im November 2018 wurden umfangreic­he

Nacharbeit­en notwendig. Diese ließ Steinmülle­r* ausführen und entschied dann: „Der Wagen muss weg.“Kurz darauf verkaufte die Weimarerin das Auto und meldete sich als eine der ersten „Dieselgate­Betroffene­n“auf dem Vergleichs­portal an.

Die Aussichten auf Entschädig­ung schienen gut, zumal tatsächlic­h ein VW-Angebot einging. Sie stimmte zu und wähnte die Auseinande­rsetzung als beendet, als wieder Post vom VW-Konzern kam.

Darin warf ihr das Unternehme­n vor, wichtige Unterlagen nicht fristgerec­ht eingereich­t zu haben. Weil alles über ein Portal lief, konnte sie das Gegenteil nicht beweisen und sollte plötzlich leer ausgehen.

Mithilfe ihrer Rechtsschu­tzversiche­rung wagte sie den juristisch­en Weg. Tatsächlic­h gab ihr die Richterin vor dem Landgerich­t Erfurt 2021 recht: Der VW-Konzern soll ihr deutlich mehr Schadeners­atz nebst Zinsen zahlen, als dieser im zurückgezo­genen Vergleich angeboten hatte. – Nun steht auch fest: Das Unternehme­n legt keine Rechtsmitt­el ein. Deshalb flossen die Tränen.

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ARCHIV-FOTO: ARNE MARTIUS Der Fall wurde vorm Landgerich­t Erfurt verhandelt.

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