Die Bürger überzeugen
Im Sommer feiert München ein Jubiläum. 50 Jahre Olympische Spiele. Damit könnte eine deutsche Bewerbung für das nächste Jahrzehnt entscheidend Schwung erhalten. Vor allem die eigenen Bürger müssen überzeugt werden, dass Olympia dem Land viel bringt und nicht nur eine Menge kostet.
Mit 150 Veranstaltungen soll im Sommer in der bayrischen Hauptstadt an 1972 erinnert werden. An die „heiteren Spiele“, aber auch an das grausame Attentat auf die israelische Mannschaft durch palästinensische Terroristen, die damals elf Sportlern und einem Polizisten das Leben kostete. Zudem findet die EM in der Leichtathletik und weiteren acht Sportarten im August in München statt. Ein Mini-Olympia zum Appetit holen.
Im Mittelpunkt wird das alte Olympiastadion stehen. Ein Symbol, das auch 50 Jahren nach seiner Einweihung mit seiner modernen Architektur strahlt. Olympia hat München 1972 grundlegend verändert, machte Bayerns Metropole zur Weltstadt. Von den Investitionen damals in die Infrastruktur zehrt München noch heute.
Ähnlich ist es in den meisten Olympiastädten. Die Millionen für den Bau von Stadien, aber vor allem in Wohnraum, Straßen und neue Nah-Verkehrslinien katapultieren die Städte in die Zukunft. Ich erlebte das 1992 in Barcelona. In Paris wird es mit großer Nachhaltigkeit 2024 wieder zu erleben sein.
Auch Berlin könnte vier Jahrzehnte nach dem Mauerfall solch einen Konjunktur-Booster gebrauchen. Doch dafür müsste sich ganz Deutschland für eine Olympiabewerbung 2036 entscheiden. Politisch und wirtschaftlich wäre das ein Meilenstein. Doch es müssen nicht nur die Berliner überzeugt werden. Ein Blick nach München im Sommer würde sicher helfen.
Oberhof. Petrus ist gnädig. Der Schnee hat sich wie ein weißes Tuch über die Baustelle gelegt. Denn das ist die Oberhofer Kunsteisbahn noch immer – auch wenn ab heute die weltbesten Rennrodler beim vorletzten Saisonweltcup Station am Rennsteig machen.
„Das Drumherum fehlt noch etwas“, sagt Hartmut Schubert, Vorsitzender des Zweckverbandes Thüringer Wintersportzentrum (TWZ). Ein wenig sei man in Bauverzug geraten, weil der Nachschub am Rohstoff Holz im vergangenen Sommer bisweilen stockte. Verarbeitet wurde es vor allem in der neuen Bahnüberdachung, die die Anlage nicht nur wetterunabhängiger macht, sondern dank ihrer teils freitragenden und zusätzlich aluminiumbeschichteten Konstruktion auch heller und moderner erscheinen lässt.
Vieles sei bisher verbuddelt worden, verweist Schubert auf die vor zwei Jahren begonnenen umfangreichen Abriss- und Erdarbeiten. Der Feinschliff für die zahlreichen neuen Gebäude und Wege, die zwischen Herrenstart und Zielhaus die ein halbes Jahrhundert alte Infrastruktur ersetzen, wird die Bauarbeiter erst in diesem Jahr beschäftigen. Auch wenn bisweilen manches „Spitz auf Knopf stand“(Schubert), soll bis zum Herbst alles fertig sein – auch der an der Tambacher Straße gelegene Haupteingang, um dessen Gestaltung die Oberhofer noch ein Geheimnis machen.
Doch nicht nur architektonisch wird die 1971 gebaute Bahn für die Zukunft aufpoliert. Die Macher vom Rennsteig betonen immer wieder ihren Anspruch an Nachhaltigkeit und Klimaneutralität und verweisen auf die künftige Versorgung mit grünem Strom, der aus Wasserkraft gewonnen wird, die gezielte Nutzung der Abwärme, energiesparende Beleuchtung oder die Eigenstromerzeugung etwa durch Photovoltaikanlagen. Rund 40 statt der ursprünglich veranschlagten 31 Millionen werden am Ende verbaut sein. Eine Investition, die weit über die WM 2023 hinausreicht.
„Weltcup und Weltmeisterschaften sind ja nur das Sahnehäubchen“, sagt Uwe Theisinger, Chef des Organisationskomitees. Vor allem gehe es darum, dem Nachwuchs langfristig Trainingsmöglichkeiten zu sichern. Wie gewinnbringend das sein kann, sieht man schon jetzt. „Vier Oberhofer fahren nach Peking“, sagt Theisinger. Zählt man Weltmeisterin Julia Taubitz dazu, die seit mehr als drei Jahren am hiesigen Stützpunkt trainiert, sind es sogar fünf Olympiastarter vom Rennsteig – die Hälfte der Nationalmannschaft und ein Gütesiegel für Heimtrainer Jan Eichhorn.
Derweil klopft mit David Nößler der nächste Thüringer oben an. Der 20-Jährige aus Schmalkalden gibt am Wochenende sein Debüt im Weltcup. Thüringen gehen die Rodel-Talente einfach nicht aus – auch dank einer Bahn, die sich gerade schick macht für die Zukunft.