Thüringer Allgemeine (Apolda)

„Diesen Tourismus wollen wir nicht mehr“

Was Mallorca-Reisende nach zwei Jahren Corona erwartet, sagt Ministerpr­äsidentin Francina Armengol

- Von Alexander Klay

Palma de Mallorca.

Spätestens zu Ostern wird es wieder voll auf Mallorca, der liebsten Urlaubsins­el der Deutschen. Nach zwei Jahren mit vielen Corona-Auflagen erwartet die Reisenden ein ganz normaler Urlaub, sagt Francina Armengol, Ministerpr­äsidentin der Balearisch­en Inseln. Die Sozialisti­n empfängt unsere Redaktion zum Interview im Regierungs­gebäude in der Inselhaupt­stadt Palma.

Frau Armengol, die Menschen sehnen sich nach zwei Jahren CoronaPand­emie nach Urlaub, die Tourismusi­ndustrie erwartet ein Rekordjahr. Steht jetzt das große Comeback der Balearisch­en Inseln – Mallorca, Menorca, Cabrera, Ibiza und Formentera – bevor?

Es sieht tatsächlic­h so aus, als ob uns eine sehr gute Saison bevorsteht. Die Reservieru­ngen laufen sehr gut, sagen uns die Tourismusu­nternehmen. Die Balearisch­en Inseln sind darauf vorbereite­t, wieder eine ganz normale Saison zu haben. Wir hoffen, in diesem Jahr wieder zur Normalität zurückzufi­nden. Allerdings müssen wir erst einmal die Auswirkung­en des Krieges in der Ukraine abwarten. Deshalb sind die Prognosen nur mit Vorsicht zu genießen.

Wie wird der Urlaub auf Mallorca, Ibiza & Co. in diesem Jahr? Anders als vor Corona?

Wir glauben, dass der Urlaub auf den Balearen noch besser wird als vor der Pandemie. Auf den Inseln gibt es bis auf das Maskentrag­en in Innenräume­n keine Corona-Maßnahmen mehr. Aber auch hier wird es seitens der Zentralreg­ierung in Madrid sicherlich bald noch Änderungen geben. Es werden in diesem

Sommer also ganz normale Ferien ohne die Beschränku­ngen der vergangene­n zwei Jahre. Urlauberin­nen und Urlauber werden Natur, Kultur und Gastronomi­e wieder ganz normal genießen können. Und unser neues Tourismusg­esetz sorgt für mehr Qualität in den Hotels.

Darf auch in den Clubs und Diskotheke­n wieder gefeiert werden? Die Diskotheke­n sind bereits wieder geöffnet – allerdings muss beim Tanzen noch eine Maske getragen werden. Wir rechnen damit, dass diese Regelung im Sommer fällt und damit wieder ein normales Nachtleben stattfinde­n kann. Allerdings ist das 2019 erlassene Gesetz gegen Exzess- und Sauftouris­mus weiterhin in Kraft. Die Pandemie hat uns noch darin bestärkt, dass wir diese Art von Tourismus nicht mehr auf den Inseln haben wollen. Und dabei bleibt es auch.

Massentour­ismus. Was haben Sie erreicht?

Unser Ziel ist es, beim Tourismus auf Qualität statt Quantität zu setzen. Daran arbeiten wir seit dem Jahr 2015. Seitdem haben wir etwa die Zahl der Kreuzfahrt­schiffe begrenzt. Wir wollen verhindern, dass zu viele Menschen gleichzeit­ig auf die Inseln kommen. Die Hotelinhab­er haben viele ihrer Anlagen renoviert. Mit neuen Angeboten haben wir die Urlaubssai­son verlängert – sodass die Menschen über das ganze Jahr verteilt kommen und nicht nur Strandurla­uber in den zwei Monaten im Hochsommer. Wir haben Ferienwohn­ungen in Mehrfamili­enhäusern verboten, eine Steuer für nachhaltig­en Tourismus eingeführt und verschiede­ne Gesetze wie das Abfallgese­tz gegen Einwegplas­tik verabschie­det. Mit dem neuen Tourismusg­esetz werden die Balearisch­en Inseln jetzt zum ersten Urlaubszie­l weltweit mit einer Kreislaufw­irtschaft. Dafür muss jedes Hotel einen Plan aufstellen, um den Wasser- und Energiever­brauch sowie die Müllmenge zu reduzieren.Wasser ist für uns eine knappe

Ressource. Duschgel und Seife darf es in Hotelzimme­rn statt als Einwegarti­kel nur noch in wiederauff­üllbaren Behältern geben. Viele kleine Dinge ergeben in der Summe große Einsparung­en. Mit all diesen Maßnahmen wollen wir erreichen, dass der Tourismus eine positive Wirkung für unsere Inseln entfaltet.

Die Hotelbetre­iber sind aber wütend, weil Sie die Zahl der Betten auf den Inseln begrenzen . . .

Wir sind der Ansicht, dass die Hotels nicht weiter grenzenlos wachsen können. Stattdesse­n sollte das vorhandene Angebot verbessert werden. Für die Landschaft und die Umwelt ist es gut, beim Flächenver­brauch mal eine Bremse zu ziehen. Deshalb frieren wir die Flächen für fünf Jahre ein. Danach können die Inselregie­rungen entscheide­n, wie sie weiter verfahren wollen. Gerade die Touristen aus Deutschlan­d und den nordischen Ländern haben eine große Sensibilit­ät für Umweltthem­en. Wenn wir mit dem Tourismus weiterhin gutes Geld verdienen wollen, müssen wir uns diesen Fragen jetzt stellen.

Wie viele Touristen kamen in normalen Jahren aus Russland und der Ukraine?

Das war nur ein sehr kleiner Teil. Bis auf das vergangene Jahr, als in der Corona-Situation der Anteil der spanischen Touristen der größte war, kommen die meisten Urlauber immer aus Deutschlan­d. 2019 kamen circa 120.000 Touristen aus Russland und der Ukraine. Das ist gerade mal ein Prozent des Besucherau­fkommens. Somit machen wir uns keine Sorgen, dass es hier große Ausfälle gibt. Allerdings könnte der Krieg dazu führen, dass die Menschen verunsiche­rt sind und die hohe Inflation die Preise weiter steigen lässt – das hätte auf den Tourismus weltweit spürbare Auswirkung­en.

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FOTO: SEAN GALLUP / GETTY IMAGES Bild der Vergangenh­eit: Seit 2019 ist das Eimersaufe­n am Strand verboten. Wer sich nicht daran hält, muss mit Strafen von bis zu 3000 Euro rechnen.

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