Droht ohne Impfpflicht die nächste Welle?
Kliniken fürchten neuen Corona-Herbst, falls die Impfquote nicht steigt. Ampel sucht Kompromiss
Berlin. In Deutschland geht es jetzt locker zu in der Pandemie. Die meisten bundesweiten Corona-Auflagen sind zu Monatsbeginn trotz hoher, aber etwas rückläufiger Inzidenz aufgehoben. Gleichzeitig steht ein Prestigevorhaben der Ampel möglicherweise auf der Kippe: die allgemeine Corona-Impfpflicht. Hierzu gibt es mehrere Gesetzesentwürfe aus den Reihen der Abgeordneten. Sollte es aber in der kommenden Woche bei der geplanten Abstimmung im Bundestag keine Mehrheit für einen der Anträge geben, wäre das Vorhaben gescheitert.
Noch laufen dem Vernehmen nach Gespräche zwischen Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP, um einen Kompromiss zu finden. Die oppositionelle Union will derweil geschlossen für ihren eigenen Vorschlag bei der Impfpflicht stimmen. Und sollte es am Ende gar keine Impfpflicht geben, wäre das laut Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) „kein Beinbruch. Dann wären wir nämlich in einer Situation, in der sich fast alle anderen Länder der Welt befinden“, sagte Merz der „Westfalenpost“.
Der CDU-Chef warf der Bundesregierung vor, das Vorhaben verschleppt zu haben. „Wenn der Bundeskanzler im Januar einen Vorschlag eingebracht hätte, dann wage ich die Einschätzung, dass es im Bundestag auch ohne die FDP eine Einigung gegeben hätte“, so Merz.
Experten blicken derweil sorgenvoll auf den Herbst. Wenn die Zahl der Geimpften nicht deutlich steigt, befürchten Fachleute eine weitere Welle nach dem Sommer. Es könnte etwa passieren, dass Delta zurück(DKG), kehrt oder sich eine neue Virusvarianten ausbreitet. Der Erreger träfe dann auf viele Ungeimpfte.
Die Kliniken hoffen daher darauf, dass sich noch viele Menschen das Vakzin verabreichen lassen. „Ohne eine hohe Impfquote laufen wir Gefahr, dass sich in diesem Herbst das vergangene Jahr wiederholt und wir in die nächste Welle geraten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gerald Gaß, unserer Redaktion. „Nur eine möglichst hohe Impfquote wird uns aus der immer wiederkehrenden Gefahr herausholen, die Kliniken zu überlasten. Die Impflicht hat somit einen präventiven Charakter“, erklärte Gaß.
Der DKG-Chef sprach sich erneut für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren aus. Sollte es dafür keine Mehrheit geben, sei eine Impfpflicht ab 50 ein möglicher Kompromiss. „Sollten sich jedoch keine politischen Mehrheiten für eine allgemeine Impfpflicht finden, müsse auch die einrichtungsbezogene Impflicht auf den Prüfstand“, betonte Gaß. „Für uns stand immer fest, dass diese allgemeine Impfpflicht ein Folgeschritt sein muss, damit eine einrichtungsbezogene Impfpflicht sinnvoll und vor allem den betroffenen Krankenhausbeschäftigten erklärbar ist.“