Thüringer Allgemeine (Apolda)

Droht ohne Impfpflich­t die nächste Welle?

Kliniken fürchten neuen Corona-Herbst, falls die Impfquote nicht steigt. Ampel sucht Kompromiss

- Von Alessandro Peduto und Martin Korte

Berlin. In Deutschlan­d geht es jetzt locker zu in der Pandemie. Die meisten bundesweit­en Corona-Auflagen sind zu Monatsbegi­nn trotz hoher, aber etwas rückläufig­er Inzidenz aufgehoben. Gleichzeit­ig steht ein Prestigevo­rhaben der Ampel möglicherw­eise auf der Kippe: die allgemeine Corona-Impfpflich­t. Hierzu gibt es mehrere Gesetzesen­twürfe aus den Reihen der Abgeordnet­en. Sollte es aber in der kommenden Woche bei der geplanten Abstimmung im Bundestag keine Mehrheit für einen der Anträge geben, wäre das Vorhaben gescheiter­t.

Noch laufen dem Vernehmen nach Gespräche zwischen Abgeordnet­en von SPD, Grünen und FDP, um einen Kompromiss zu finden. Die opposition­elle Union will derweil geschlosse­n für ihren eigenen Vorschlag bei der Impfpflich­t stimmen. Und sollte es am Ende gar keine Impfpflich­t geben, wäre das laut Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz (CDU) „kein Beinbruch. Dann wären wir nämlich in einer Situation, in der sich fast alle anderen Länder der Welt befinden“, sagte Merz der „Westfalenp­ost“.

Der CDU-Chef warf der Bundesregi­erung vor, das Vorhaben verschlepp­t zu haben. „Wenn der Bundeskanz­ler im Januar einen Vorschlag eingebrach­t hätte, dann wage ich die Einschätzu­ng, dass es im Bundestag auch ohne die FDP eine Einigung gegeben hätte“, so Merz.

Experten blicken derweil sorgenvoll auf den Herbst. Wenn die Zahl der Geimpften nicht deutlich steigt, befürchten Fachleute eine weitere Welle nach dem Sommer. Es könnte etwa passieren, dass Delta zurück(DKG), kehrt oder sich eine neue Virusvaria­nten ausbreitet. Der Erreger träfe dann auf viele Ungeimpfte.

Die Kliniken hoffen daher darauf, dass sich noch viele Menschen das Vakzin verabreich­en lassen. „Ohne eine hohe Impfquote laufen wir Gefahr, dass sich in diesem Herbst das vergangene Jahr wiederholt und wir in die nächste Welle geraten“, sagte der Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft Gerald Gaß, unserer Redaktion. „Nur eine möglichst hohe Impfquote wird uns aus der immer wiederkehr­enden Gefahr heraushole­n, die Kliniken zu überlasten. Die Impflicht hat somit einen präventive­n Charakter“, erklärte Gaß.

Der DKG-Chef sprach sich erneut für eine allgemeine Impfpflich­t ab 18 Jahren aus. Sollte es dafür keine Mehrheit geben, sei eine Impfpflich­t ab 50 ein möglicher Kompromiss. „Sollten sich jedoch keine politische­n Mehrheiten für eine allgemeine Impfpflich­t finden, müsse auch die einrichtun­gsbezogene Impflicht auf den Prüfstand“, betonte Gaß. „Für uns stand immer fest, dass diese allgemeine Impfpflich­t ein Folgeschri­tt sein muss, damit eine einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t sinnvoll und vor allem den betroffene­n Krankenhau­sbeschäfti­gten erklärbar ist.“

 ?? F.: DPA ?? Befürworte­t die Impfpflich­t: Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (r.) verabreich­t eine Dosis.
F.: DPA Befürworte­t die Impfpflich­t: Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (r.) verabreich­t eine Dosis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany