Und Geheimagenten
Bangkoks berühmter Rotlichtdistrikt Patpong hielt lange kaum mehr bereit als die Ping-Pong-Shows und schmuddelige Bars. Dann kam die globale Corona-Pandemie – und mit ihr auch eine neue Chance
Den sündigen Reizen Bangkoks kann auch David Bowie Anfang der 1980er Jahre nicht widerstehen und lässt sich von einer leicht bekleideten Thai in die Gogo-Bar SuperStar lotsen. Mit einem Drink in der Hand schaut er im Video seines Songs „Ricochet“Asiatinnen beim lasziven Pole-Dancing zu. Gedreht wurde das Filmmaterial in Patpong, einem der bekanntesten Rotlichtviertel der Welt. Damals waren die berüchtigten Straßenzüge noch ein Mekka für Nachtschwärmer und Sextouristen, die auf der Suche nach Sinnenfreuden in die verrufenste Ecke der asiatischen Metropole strömten.
Allerdings hat Patpong seine Blütezeit lange hinter sich. Schmuddelige Sexshows und ein Nachtbasar mit viel Nippes haben dem Image zugesetzt. Dabei hat das Viertel eine lange und illustre Geschichte. Sie beginnt mit einem chinesischen Einwanderer und reicht über amerikanische Geheimdienstler bis zu Promi-Stippvisiten vom Kaliber Marlon Brandos und Robert De Niros. Den Werdegang des Vergnügungsbezirks erzählt seit 2019 ein Museum, strategisch günstig in der Patpong Soi 2 gelegen, mittendrin im Getümmel. Eigentlich.
Ein legendärer Ort für Glücksritter und Agenten
Aber im Zuge von Corona ist auch Patpong zum Erliegen gekommen. Seit ein paar Wochen flimmern abends zwar wieder die Neonschilder von „French Kiss“über „Fresh Boys“bis zum „Barbar Fetish Club“- aber Touristen kommen kaum. Einige der berühmtesten Etablissements, wie Bowies SuperStar oder die geschichtsträchtige Madrid Bar, haben das Virus nicht überlebt. „Die leuchtenden Lichter von Patpong gehen langsam aus, viele Bars und Clubs können sich nicht mehr über Wasser halten“, schrieb die Zeitung „Bangkok Post“schon vor einem Jahr.
„Für Patpong ist die Pandemie aber im Grunde eine große Chance, sich neu zu erfinden“, sagt Michael Messner. Der Österreicher, Sohn des bekannten Wiener Künstlers Ernst Fuchs (1930-2015), ist ein Bangkoker Urgestein. Früher war er selbst Besitzer verschiedener Bars im Viertel. 2019 hat er das Patpong Museum eröffnet. Sein Herzensprojekt, „das sich irgendwo zwischen Ausstellung und Amüsement bewegt“, hat er 14 Jahre lang geplant und dafür unzählige Exponate und Memorabilien zusammengetragen. Im vergangenen Jahr wurde die kleine, aber feine Sammlung als „Bestes Community Museum in Thailand“ausgezeichnet. Tripadvisor verlieh ihr den „Travellers’ Choice Award 2021“.
Wie also hat alles einst begonnen? Nicht mit barbusigen Mädchen, sondern mit einer Bananenplantage. Der chinesische Einwanderer Poon Pat, der im Jahr 1930 vom König geadelt wurde und fortan Luang Patpongpanich hieß, kaufte das unbebaute Stück Land im Jahr 1946 für gerade einmal 3000 US-Dollar. Der Familie gehört das Land bis heute. Luangs Sohn Udom studierte damals in den USA und pflegte Kontakte zur Vorgängerorganisation der heutigen CIA. Nach seiner Rückkehr nach Thailand entwickelt er in den 1950erJahren mit Hilfe US-amerikanischer Kontakte ein Geschäftsviertel, in dem sich ausländische Unternehmen ansiedeln. „Patpong, nach dem neuen Besitzer benannt, war damals ein reines „Commercial
Centre“mit modernen Gebäuden, Klimaanlagen und dem ersten Telegrafenanschluss der Stadt“, erzählt Messner.
Nicht umsonst wird der Distrikt Silom, in dem Patpong liegt, noch heute als „Bangkoks Wall Street“betitelt. Zu den ersten Mietern gehören unter anderem IBM und Shell sowie die Nachrichtenagentur UPI und die Fluggesellschaft Civil Air Transport (die spätere Air America),
die von amerikanischen Nachrichtendiensten betrieben wird. Später strömen amerikanische Soldaten im Zuge des Vietnamkriegs nach Bangkok. Geheime Einsätze in Laos und Kambodscha gegen die Vietkong werden von hier aus koordiniert.
In Patpong tummeln sich Piloten, Agenten, Offiziere und Journalisten. Zu ihrem Amüsement öffnen Lokale und Musikclubs, etwa die Madrid Bar und der legendäre SoulClub Mississippi Queen. „Glücksritter und schillernde Persönlichkeiten“sind damals Stammgäste in Patpong gewesen, sagt Messner. 1969 kommt einer der Knüller aus den „Golden Days“des Distrikts dazu: Das Grand Prix, gegründet vom ehemaligen US-Soldaten Rick Menard. „Das war die Geburtsstunde der Gogo-Bars in Asien“, sagt Messner. „Die Essenz von Patpong waren Gogo-Bars, in denen Besucher Cocktails trinken und nicht jugendfreien Spaß genießen konnten – alles unter einem Dach“, heißt es auf der Museumswebsite.
Der Mix aus Laster, Ladyboys und Longdrinks lockte mit der Zeit zunehmend Touristen. Verschiedenste Etablissements, Restaurants und Massage-Salons öffneten ihre Pforten. Und die berühmt-berüchtigten Ping-Pong-Shows wurden ins Leben gerufen, bei denen junge Frauen kleine Bälle oder Dartpfeile aus ihren Geschlechtsteilen schießen, um nur zwei der unkeuschen Attraktionen zu nennen.
Zwei Jahre lang musste Patpong weitgehend schließen
Prostitution ist in Thailand derweil schon seit 1960 illegal – auch wenn sie weitgehend geduldet wird. Echte Bordelle gab es in Patpong nie, vielmehr aufreizend angezogene Damen, die die Männerwelt in den Bars umgarnen. Was dann hinter geschlossenen Türen passiert, bleibt geheim. Jahrzehntelang boten die beiden Straßenzüge westlichen Amüsierlustigen die ganze Palette asiatischer Sinnenfreuden. In den 1990er-Jahren begann der Abstieg. Patpong verkam zu einem riesigen Nachtmarkt mit Billig-Souvenirs und wollüstigen Westlern. Schwitzende Menschenmassen schoben sich auf der Suche nach dem sexuellen Kick durch die Sträßchen mit immer abgedroscheneren Lokalen.
Seit der globalen Corona-Pandemie ist alles anders. Fast scheint es, als seien die Uhren auf Null gestellt. Zwei Jahre lang musste auch Patpong weitgehend schließen, erst seit Kurzem kommen wieder Touristen ins Land. „Viele alte Platzhirsche sind weg, das macht wiederum Platz für neue Leute und Konzepte“, sagt Michael Messner. Derzeit ist in seinem Museum bereits eine Kunstausstellung mit Porträts von Sexarbeiterinnen und -arbeitern zu sehen. Für die Zukunft hofft er auf mehr Kunst und Kultur im Viertel, um das angeschlagene Image zu verbessern. Denn Patpong war immer mehr als nur Gogo und Shopping. Es ist ein Teil der Geschichte Bangkoks.
Für ihren Osterurlaub haben die Deutschen nach zwei Jahren Corona-Pandemie laut einer neuen Erhebung wieder mehr Lust aufs Reisen. Besonders beliebt seien Ziele in Österreich und Italien, teilten der Reiseführerverlag Michael Müller aus Erlangen gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut ArgYou am Dienstag mit. Bei ihrer Analyse des Online-Suchverhaltens bei der Reiseplanung ganz oben standen der Comer See in Italien, gefolgt von Wien und Paris. Weitere beliebte Ziele seien London und die Normandie in Frankreich. Mit dem Harz ist laut Mitteilung auch eine deutsche Region ganz oben unter den meistgesuchten Urlaubszielen dabei. In den Top Ten folgen Rom und Prag sowie die österreichische Region Kärnten.
Die meisten Ziele seien mit dem Auto zu erreichen, was den anhaltenden Trend zum Selbstfahren zeige. Die Nachfrage nach FernreiseZielen
sei zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, habe aber das vorpandemische Niveau nicht wieder erreicht. Am meisten gesucht wurde hier die indonesische Insel Lombok. Anhand des sehr hohen Suchvolumens lasse sich die stark gestiegene Vorfreude der Urlaub-Suchenden ableiten, hieß es. Nach den Corona-Einschränkungen der letzten Jahre sei Reisen nun wieder ohne Auflagen möglich.
Für die Analyse hat das Schweizer Marktforschungsinstitut im Auftrag des Michael Müller Verlags die Urlaubs-Suchanfragen von rund 71 Millionen Nutzern auf deutschen Suchmaschinen und sozialen Medien im Zeitraum von 15. März bis 17. März 2022 ausgewertet. epd
WEIT GEREIST
Stunden beträgt die Fahrzeit einer neuen Fährverbindung zwischen der ostfriesischen Küste und der Hochseeinsel Helgoland. Die Reederei NordenFrisia will ab dem 2. Mai den Katamaran „Adler Jet“für die Strecke einsetzen, zu der auch ein Stopp auf Norderney gehört. An Bord des rund 41 Meter langen Schiffes haben 267 Passagiere Platz.