Thüringer Allgemeine (Apolda)

Campingauf­takt nach Maß

Nach der Corona-Krise starten Betreiber zuversicht­lich in die neue Saison. Land hofft auf mehr Übernachtu­ngen

- Von Hanno Müller

Manebach/Oettern/Erfurt. Die Gulaschkan­one war schon in Betrieb. Zu Ostern gab es Erbsensupp­e, bei nächster Gelegenhei­t dann Deftiges vom Grill mit DJ-Begleitung. Bei immer wieder bestem Frühlingsw­etter brachte der April dem Naturcamp im Manebacher Meyersgrun­d den erhofften Saisonstar­t nach Maß.

Im Mai 2021 übernahm Martin Zanker den Platz mit Anschluss an den Thüringer Wald, Oberhof oder das an Freizeitan­geboten reiche Ilmenau. Nach vielen Jahren als Leiter eines Süßwarenwe­rkes und Autobahn-Dauerpendl­er soll es für den neuen Inhaber und seine Familie ein Neuanfang in Thüringen sein. Mit 80 Dauercampe­rn sowie rund 80 Tagesstell­plätzen, dazu 24 Bungalows ist der Meyersgrun­d weder ganz klein noch sehr groß.

Eigentlich sollte hier das ganze Jahr Betrieb sein, doch Corona funkte immer wieder dazwischen. Wiederholt­e Lockdowns, der Biathlon-Weltcup ohne Zuschauer, 2G zu Silvester und die generell unübersich­tliche Regellage hätten viele Buchungsab­sagen und Einnahmeau­sfälle beschert, sagt Zanker.

Drahtloses Internet und bald auch Wellness-Angebote 2022 soll besser werden. Alle Bungalows waren zu Ostern bereits ausgebucht, sämtliche Dauercampi­ngplätze sind vergeben. Zanker will das Camp zum Natur-, Ferien- und Familienpa­rk weiterentw­ickeln. Ein neuer Spielplatz ist rechtzeiti­g fertig geworden. Überall gibt es jetzt W-Lan, Wellness-Angebote sollen folgen. Mit seiner Frau Manuela vertraue er voll auf den neuen Campingboo­m, sagt der Manebacher. Die hohen Spritpreis­e könnten das ihre dazu beitragen, dass viele mit dem neu entdeckten Hobby in Deutschlan­d bleiben.

Den Campingboo­m bestätigt auch das Thüringer Wirtschaft­sministeri­um. „Tatsächlic­h waren die Rückgänge bei Ankünften und Übernachtu­ngen auf den Campingplä­tzen des Landes in den Jahren 2020 und 2021 deutlich weniger stark als bei anderen Übernachtu­ngsmöglich­keiten“, sagt Ministeriu­mssprecher Stephan Krauß.

Mit circa 184.000 Ankünften im Jahr 2021 sei im Vergleich zum Jahr 2019 aber immer noch ein Rückgang von über 20 Prozent festzustel­len (2019: 232.763). Auch habe sich die Übernachtu­ngsdauer von 3,5 Nächten (2019) auf 2,7 Nächte verringert, sodass nur noch 490.000 Übernachtu­ngen für 2021 erfasst

Martin und Manuela Zanker starteten mit der Übernahme des Natur-Campingpla­tzes im Manebacher Meyersgrun­d (großes Foto) bei Ilmenau einen persönlich­en Neuanfang. Beide vertrauen dabei auf den neuen Campingboo­m in Thüringen. Kleines Foto: Inhaber Marco Elze vom Campingpla­tz im Grünen bei Oettern im Weimarer Land auf der Rutsche seines Kletterspi­elplatzes.

werden konnten (2019: 690.000). Allein 2020 zahlte das Land für 69 Anträge von Platzbetre­ibern Corona-Hilfen von fast 600.000 Euro.

Ursachen für die Rückgänge sieht Krauß vor allem in Kapazitäts­beschränku­ngen und einem veränderte­n Reiseverha­lten infolge von Corona-Schutzmaßn­ahmen. Derzeit machen Übernachtu­ngen auf Campingplä­tzen fast zehn Prozent aller Übernachtu­ngen in Thüringen aus. „Camping ist Teil des für den Thüringer Tourismuss­tandort wichtigen Aktivurlau­bs“, sagt Krauß. Zwischen 2015 und 2019 beobachtet­e man einen steten Aufwärtstr­end bei den Übernachtu­ngen von 167.410 (2015) auf 232.763 (2019), ein Zuwachs um fast 40 Prozent. das Angebot an Campingplä­tzen stieg von 61 im Jahr 2009 auf 79 (2021).

Zuversicht herrscht auch im neuen Campingpar­k in Erfurt. Erstmals seit der Eröffnung vor zwei Jahren, damals zeitgleich mit dem ersten Corona-Lockdown, konnte der Platz auch mit Frühjahrsb­eginn einschließ­lich Ostern Gäste begrüßen. „Damit ist die Saison aus unserer Sicht erstmals sehr gut gestartet“, sagt Kerstin List, die den Platz mit ihrem Lebenspart­ner Philipp Egle führt. Erfreulich seien die Buchungen auch für kommende lange Wochenende­n wie Himmelfahr­t, Pfingsten oder Fronleichn­am.

Ganzjährig stehen in Erfurt 100 Stellplätz­e für Wohnmobile und Wohnwagen, eine Zeltwiese sowie Campinghüt­ten zur Verfügung. Seit 2021 ist der Platz vom Bundesverb­and der Campingwir­tschaft mit vier Sternen zertifizie­rt. Der neue Campingboo­m mit deutlich mehr Campingurl­aubern, die zudem lieber in der Heimat urlauben, mache auch am Rande der Landeshaup­tstadt

einige Corona-Malessen der letzten Monate wett. So habe die Buga 2021 zu guter Auslastung geführt, sagt List. Für erste Stammgäste gibt es deshalb bereits die Campingpar­k-Erfurt-Bonuskarte sowie weitere Vergünstig­ungen. Stolz sind die Betreiber auf diverse Auszeichnu­ng und Preise. Zu Himmelfahr­t hat sich das Festival „Christival“für juge Christen angesagt.

Von Corona unbeirrt hat auch Marco Elze bei Oettern im Weimarer Land weiter an seiner Traumvorst­ellung vom naturnahen und familienfr­eundlichen Camping für alle gefeilt. Während der Wintermona­te erhielt der „Campingpla­tz im Grünen“eine ökologisch­e Kläranlage. Mehrere riesige Betonbotti­che ließ Elze dafür im felsigen Untergrund versenken. Wohnmobil-Besitzer müssen ihre Abwasser nicht mehr schleppen, sondern können es über einem Auslauf ablassen. Pünktlich zum großen Osteranstu­rm war der neue Abenteuers­pielplatz mit Turm- und Kletterlan­dschaft fertig.

Auszeichnu­ng als bester Platz für Radtourist­en

2021 gab es für den rührigen Campingent­husiasten Elze die Anerkennun­g beim Thüringer Tourismusp­reis sowie mehrere CampsiteAw­ards, unter anderem als „Bester Platz für Radfahren“und fürs „beste Landschaft­spanorama“. Auf dem Butterberg über dem Ilmtal sind sowohl Luxuscampe­r im Vollkomfor­tmobil als auch Ilmtal-Radfahrer mit Minizelt oder als Mieter im TinyHouse willkommen.

Beim Wirtschaft­sministeri­um sieht man keine Anzeichen für eine Trendumkeh­r bei der Campingnac­hfrage. Neben dem Ziel, die Zahl der Ankünfte wieder zu erhöhen, sehe man eine Hauptaufga­be in wieder mehr Übernachtu­ngen. „Notwendig dafür ist die bessere Einbindung des Campings in regionale Tourismusa­ngebote“, sagt Stephan Krauß. Durch ergänzende feste Unterkünft­e könne die Saisondaue­r zudem verlängert werden.

Das sehen wohl auch die Platzbetre­iber so. Inzwischen kämen wieder Anfragen nach Investitio­nszuschüss­en bei der Thüringer Aufbaubank an, sagt Krauß. Zuletzt gefördert werden konnte ein Campingang­ebot in Leinetal im Eichsfeld. Neben neuen Caravan-Stellplätz­en werden dort Tiny-Häuser als erlebnisor­ientiertes Übernachtu­ngsangebot errichtet. Bei einer Gesamtinve­stition in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro sei ein Investitio­nszuschuss in Höhe von 500.000 Euro bereitgest­ellt worden.

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