Thüringer Allgemeine (Apolda)

So tickt das glücklichs­te Bundesland

Schleswig-Holstein wählt einen neuen Landtag. Ministerpr­äsident Günther hat gute Chancen

- Von Stephan Steinlein

Kiel. In diesem Land ist das Glück zu Hause. Und das seit Jahren, hat die Deutsche Post herausgefu­nden, die regelmäßig den „Glücksatla­s“der Bundesländ­er veröffentl­icht. Demnach leben die glücklichs­ten Menschen in – Schleswig-Holstein. Experten sagen, das liege an der hohen „emotionale­n Stabilität“der Menschen. Hier, im glücklichs­ten Bundesland, haben sie am Sonntag die Wahl: Weitermach­en mit CDU-Chef Daniel Günther, der seit fünf Jahren als Ministerpr­äsident eine Jamaika-Koalition gemeinsam mit Grünen und FDP anführt? Oder doch ein Regierungs­wechsel?

Einer, der aus dem nördlichst­en Zipfel des Landes kommt, ist Robert Habeck. Grüner, Bundeswirt­schaftsmin­ister, Flensburge­r und etliche Jahre selbst Minister in Kiel. Sein Blick zurück auf die jüngere politische Geschichte des Landes ist nicht ganz so glückserfü­llt. „Schleswig-Holstein war viele Jahre lang polarisier­t, die Gräben zwischen konservati­ven und progressiv­en Parteien waren tief, die politische Kultur verhunzt, wenn man an die Barschel-Affäre, an den ‚HeideMord‘ denkt“, sagt Habeck.

Warum die politische Lage heute eine andere ist, lieferte Habeck im

Interview mit unserer Redaktion gleich mit: weil die Grünen seit zehn Jahren mitregiere­n. Dadurch habe sich eine „neue politische Kultur etabliert“, sagt Habeck.

Seit 2017 regiert Jamaika im Land zwischen den Meeren, das Bündnis, das Daniel Günther, Monika Heinold (Grüne) und Heiner Garg (FDP) geschmiede­t haben. Für viele Beobachter überrasche­nd hatte Amtsinhabe­r Torsten Albig 2017 die Wahl für die SPD versemmelt – auch weil er den Herausford­erer der CDU unterschät­zte, der zunächst mehr eine Not- als eine Dauerlösun­g zu sein schien. Und so kam es zum Wechsel.

Regierungs­wechsel sind in Schleswig-Holstein so normal wie die Stürme im Herbst. Vor mehr als 20 Jahren, bei der Landtagswa­hl 2000, wurde zuletzt eine Landesregi­erung bestätigt. Rot-Grün, Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb, RotGrün-Blau

(SSW) und jetzt Schwarz-Grün-Gelb. Der politische Wechsel ist hier die Regel. Die Ausnahme könnte es an diesem Sonntag geben – wenn 2,3 Millionen Schleswig-Holsteiner zur Wahl des Landtags aufgerufen sind. Denn anders als zuvor ist von einer Wechselsti­mmung nichts zu spüren. Die Zustimmung zu Daniel Günther und der Arbeit der Landesregi­erung ist hoch. Drei Viertel der Wahlberech­tigten geben in Umfragen an, mit der Arbeit von Günther „zufrieden“bis „sehr zufrieden“zu sein. Dürften die Menschen den Ministerpr­äsidenten direkt wählen, Günther käme laut der jüngsten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR auf 61 Prozent – sein auch im Norden eher unbekannte­r Herausford­erer Thomas Losse-Müller von der SPD auf neun Prozent.

In der jüngsten Infratest-Erhebung landet die CDU in der Sonntagsum­frage

bei 38 Prozent, die SPD bei der Hälfte. Die Grünen, die angetreten sind, Monika Heinold zur ersten grünen Ministerpr­äsidentin Deutschlan­ds zu machen, kämen demnach auf 16 Prozent, die FDP auf neun Prozent. Für die aktuell im Landtag vertretene AfD könnte es knapp werden – sie lag zuletzt in der NDR-Umfrage gleichauf mit dem SSW bei fünf Prozent. Allerdings ist der SSW als die Partei der dänischen Minderheit von der Fünfprozen­thürde ausgenomme­n.

Käme es zu einem solchen Ergebnis – Daniel Günther bliebe wohl Ministerpr­äsident: Selbst ein Dreierbünd­nis um die SPD hätte keine Mehrheit. Losse-Müller, der 2020 von den Grünen zur SPD gewechselt ist, könnte mangels Mehrheit weder eine Ampel nach bundespoli­tischem Vorbild und erst recht keine Küsten-Ampel schmieden. Günther strebt ein Ergebnis von 40 Prozent und mehr an. So könnte er sich den Regierungs­partner aussuchen. Schmiedet er ein Bündnis mit den Grünen? Oder mit der FDP, zu der es größere Schnittmen­gen gibt? Oder setzt er sein Jamaika-Wunschbünd­nis fort? Günther dürfte nach der Abstimmung am Sonntag die Qual der Wahl haben. Die Stimmung spricht für ihn und Jamaika, die Zufriedenh­eit der Menschen auch.

 ?? FOTO: PA/DPA ?? Selfie mit Regierungs­chef: Ministerpr­äsident Günther (M.) und Tänzerinne­n eines Traditions­vereins während eines Bürgerfest­es.
FOTO: PA/DPA Selfie mit Regierungs­chef: Ministerpr­äsident Günther (M.) und Tänzerinne­n eines Traditions­vereins während eines Bürgerfest­es.
 ?? DPA ?? Plakate von SPD-Kandidat Thomas Losse-Müller, CDU-Regierungs­chef Daniel Günther und FDP-Bewerber Bernd Buchholz.
DPA Plakate von SPD-Kandidat Thomas Losse-Müller, CDU-Regierungs­chef Daniel Günther und FDP-Bewerber Bernd Buchholz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany