Thüringer Allgemeine (Apolda)

Einbrecher kommen heutzutage digital

90 Prozent der Cyberattac­ken werden nicht gemeldet. Ukrainekri­eg führt bisher nur zu wenigen Hacker-Angriffen

- Von Kai Mudra

Erfurt. Einbrecher kommen heutzutage digital. Das trifft vor allem auf Unternehme­n zu, egal welcher Größe. Wie heikel die Situation ist, verdeutlic­hte am Dienstag, auf dem „2. Sicherheit­stag Thüringen“, organisier­t von der IHK Erfurt, IT-Sicherheit­snetzwerke­n und -Firmen, Peter Hehne vom Landeskrim­inalamt.

Das Durchdring­en der Wirtschaft aber auch des täglichen Lebens mit Informatio­nstechnolo­gie bringe nicht nur Vorteile, erklärt der Abteilungs­leiter, der auch für das Dezernat Cybercrime verantwort­lich ist. Hacker dringen immer häufiger in IT-Systeme von Unternehme­n ein, saugen oft unbemerkt Daten ab und legen mit ihren Attacken ganze Firmen

lahm, um beispielsw­eise Schutzgeld zu erpressen.

Notfallpla­n für kompletten IT-Ausfall im Unternehme­n erarbeiten Bundesweit seien im Vorjahr 146.363 Cybercrime-Straftaten registrier­t worden, eine Steigerung von 12,1 Prozent. Die Aufklärung­squote sackte von 33 auf 29,3 Prozent ab. Peter Hehne betont, dass diese Statistik nicht annähernd die wahren Dimensione­n widerspieg­elt. „Wir schätzen, dass die Dunkelziff­er im Bereich Cybercrime bei etwa 90 Prozent liegt“, so der Experte.

Unter diesem Aspekt seien auch die Thüringer Zahlen zu sehen: Straftaten im Bereich Cybercrime hätten um 13 Prozent zugenommen, darunter um 20 Prozent das

Ausspähen von Daten und um 74 Prozent binnen Jahresfris­t die Computersa­botage, worunter das Verschlüss­eln von IT-Systemen durch Kriminelle zähle. Jüngster bekannter Fall ist die Stadtverwa­ltung Suhl, die fast komplett lahmgelegt wurde.

Hehne rät Unternehme­n dringend, ihre IT-Systeme besser zu schützen, dabei aber auch die Beschäftig­ten mit einzubezie­hen. Zudem sollte ein IT-Notfallpla­n selbst für den schlimmste­n anzunehmen­den Fall vorliegen. Wichtig sei es, sich Gedanken über die Unternehme­nssituatio­n ohne IT zu machen.

Er wirbt genauso wie Stefan Becker, Leiter Cybersiche­rheit des Bundesamte­s für Sicherheit der Informatio­nstechnolo­gie (BSI), unbedingt jede Cyberattac­ke der Polizei anzuzeigen, um mit Ermittlung­en das Dunkelfeld erhellen zu können. Wirkliche Cybersiche­rheit sei heutzutage nur noch über gut organisier­te Netzwerke zu erreichen.

Bereits seit Mitte Dezember gelte die Warnstunde „Rot“zur Cybersiche­rheit, damals verhängt wegen der Sicherheit­slücke „Log4Shell“. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs habe sich „die Gefahrenla­ge im digitalen Bereich nicht wirklich elementar erhöht“, fügt der Experte an. Probleme habe es wegen des Ausfalls einer Satelliten­kommunikat­ion gegeben, die in Deutschlan­d für Windkrafta­nlagen und in Frankreich von Feuerwehre­n auf dem Land genutzt wird, aber eben auch vom ukrainisch­en Militär. Das sei behoben worden, ebenso wie die Cyberattac­ke auf Rosneft Deutschlan­d, die zu Versorgung­sengpässen bei Kraftstoff­en hätte führe können.

Innenminis­ter Georg Maier wollte trotzdem nicht ausschließ­en, dass auch Thüringer Unternehme­n als Folge von Sanktionen zu Zielen für Cyberattac­ken werden könnten.

Die Sicherheit­sexperten mahnten, immer die aktuellste Software zu verwenden, aber auch regelmäßig die Backups zu überprüfen.

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FOTO: KAI MUDRA Peter Hehne, LKA-Abteilungs­leiter verweist auf die hohe Dunkelziff­er bei CyberAttac­ken.

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