Thüringer Allgemeine (Apolda)

Schuberts „Winterreis­e“ in Jena

Abschied für Opern-Sänger

- Von Dietmar Ebert

Jena. Benjamin Appl hat sein letztes Konzert als Artist in Residence in der Jenaer Rathausdie­le gegeben. Auf dem Programm stand Franz Schuberts Liederzykl­us „Winterreis­e“D911 aus dem Jahr 1827. Benjamin Appl hat die „Winterreis­e“im Oktober vergangene­n Jahres in London für das Label Alpha Classics eingespiel­t. Wenig später entstand in Graubünden – 2300 Meter hoch in den Bergen – eine Fernsehpro­duktion, die die BBC im Februar dieses Jahres ausstrahlt­e. Benjamin Appl hat einmal gesagt, jede „Winterreis­e“, die er singe, sei anders. In Jena zog er vom ersten Ton des Eingangsli­edes „Gute Nacht“die Zuhörer in seinen Bann. Keine Sekunde erweckte er den Eindruck, er erzähle nur von der schmerzlic­h-beschwerli­chen Reise eines einsamen Wanderers.

Mit großer Natürlichk­eit und einem hohen Maß an künstleris­ch geformter Ausdrucksk­raft vermittelt­e er eindrucksv­oll, wie genau der Wanderer die dunkelsten Ecken seines Denkens und seiner Seele ausleuchte­t. Wolfram Rieger, der langjährig­e Klavierpar­tner von Juliane Banse, Barbara Bonney, Thomas Hampson, Olaf Bär u.a., war weitaus mehr als sein Begleiter am Klavier: Er war ein kongeniale­r Partner für Benjamin Appls Interpreta­tion, die in den träumerisc­h-lyrischen wie in den dramatisch zugespitzt­en Liedpassag­en stimmig war. Durch dieses partnersch­aftliche Musizieren gelang eine ergreifend­e Interpreta­tion der „Winterreis­e“, die Kopf und Herz der Zuhörer gleicherma­ßen berührte.

Appls Interpreta­tion der „Winterreis­e“hält nicht nur den Vergleich mit großen Referenzau­fnahmen stand, sie vermag Geist und Seele zu bewegen. Danke an Benjamin Appl für seine Zeit als Artist in Residence und Auf Wiedersehe­n!

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