Ein Meister surrealer Bildwelten
Zwei Ausstellungen ehren den Thüringer Künstler Hans-Peter Müller. Zum 80. Geburtstag startet die erste Schau bei Gera
Weida. Eine Walküre trägt den nackten Leib eines gefallenen Kriegers nach Walhall. Sie beflügelt, muskulös, er kopfüber hängend: Virtuos hat der Weidaer Künstler Hans-Peter Müller die Figuren in Szene gesetzt. Wer sich länger ins Bild vertieft, entdeckt Irritationen. Wird dort wirklich ein toter Krieger gen Himmel getragen? Die Stichwunde unter der Brust erinnert an Jesus‘ Lanzenstich, ein angebissener, roter Apfel an den Baum der Erkenntnis. Es sei eine eigene, erfundene Mythologie, erläutert der Maler.
Mythologische Stoffe, surreale Bildwelten, stets meisterhaft mit dem Spitzpinsel gemalt und von
Metaphern durchzogen, zeichnen Hans-Peter Müllers Werk aus. Diesen Mittwoch wird der Ostthüringer Künstler 80 Jahre alt. Seinen Geburtstag feiert er mit einer Vernissage: Im Sanitätshaus Carqueville in Töppeln bei Gera ist ihm die Schau „Postmodern in Mitteldeutschland“gewidmet. Ab Donnerstag, 5. Mai, ist sie für die Öffentlichkeit zu sehen. Zudem widmet ihm das Panorama-Museum Bad Frankenhausen ab 9. Juli eine Jubiläumsausstellung. Da werden rund 100 Werke, Gemälde und Plastiken, präsentiert, auch Arbeiten, die lange in Archiven schlummerten.
Geboren am 4. Mai 1942 in Leipzig, interessierte sich Hans-Peter Müller schon früh fürs Zeichnen.
Der Beruf des Künstlers kommt dennoch nicht infrage. Aus proletarischem Haushalt stammend, beginnt er ein kombiniertes Studium, bestehend aus Maurerlehre und dem Studiengang Konstruktiver Ingenieurbau. Nach anderthalb Jahren wechselt er ans Institut für Kunsterziehung der Uni Leipzig. Danach studiert er ab 1965 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst bei den Großen der Leipziger Schule, Wolfgang Mattheuer, Bernhard Heisig und Werner Tübke. Bei Heisig wird er später auch Meisterschüler. Während des Studiums lernt er seine Frau kennen, die bulgarische Künstlerin Alexandra Jontschewa. 1979 zieht das Paar ins thüringische Hohenölsen. Ursprünglich
planten die beiden mit Freunden dort auf einem Bauernhof einen Wochenendsitz. Nachdem alle absprangen, wählen sie das Anwesen zu ihrem Lebensmittelpunkt.
Nach der Wende gilt figürliche Malerei als überholt. Und so richten Müller und seine Frau ihre künstlerischen Aktivitäten gen Frankreich aus, später auch nach Italien und Osteuropa. Seit 1994 stellen sie im Herbstsalon in Paris aus. 2006 finden sie in der renommierten internationalen Künstlergruppe „Libellule“Gleichgesinnte. Gemeinsam mit diesen Vertretern des Fantastischen und Magischen Realismus schicken sie ihre Werke regelmäßig auf Ausstellungsreisen in die Welt.
Inzwischen lebt das Künstlerpaar seit mehr als zehn Jahren in Weida. Und noch immer steht Hans-Peter Müller jeden Tag, wenn es die Zeit erlaubt, an der Staffelei. In seinem Kopf geisterten noch immer viele Bilder herum. Mythologische Stoffe haben für Hans-Peter Müller stets auch einen Gegenwartsbezug. „Es ist immer noch der gleiche Mist wie vor ein paar 1000 Jahren“, sagt er schmunzelnd. Ein Bild sollte seiner Meinung nach nicht allzu leicht zu entschlüsseln sein, aber auf Anhieb begeistern. Und genau das gelingt ihm mit seinen meisterhaften monochromen Gemälden.