„Wir berühren die Seelen“
City geht auf die letzte Runde und macht dabei auch Station in Thüringen
Erfurt/Gera. Er gehörte vor fünfzig Jahren zu den Gründungsmitgliedern von City: Fritz Puppel, Gitarrist der Band, die vom 8. Mai an – Start in Leipzig --- mit den Rock-Legenden unterwegs ist und ab Juli allein auf Abschiedstournee geht. Wir sprachen mit Fritz Puppel (77) über „Die letzte Runde“– so auch der Name des neuesten Albums.
Bei den Konzerten mit den Rocklegenden ist „Maschine“von den Puhdys dabei. Er hatte mal erzählt, dass Sie sich jede Woche in Berlin treffen. Ist das noch so?
Zumindest nehmen wir uns das immer vor und kriegen das auch meistens mit einem Treff beim Italiener hin. Wir kennen uns ja schon aus der Jugendclubzeit, haben auch zusammen in einer Band gespielt und sind wirklich dick befreundet.
City kriegt im Gegensatz zu den Puhdys das 50-jährige Jubiläum bestens hin...
Ja, aber zum Streit bei den Puhdys sage ich nichts. Ich freue mich viel mehr, dass wir so lange durchgehalten haben. Obwohl auch wir mal Unstimmigkeiten hatten. Doch wir sind kein Zweckverband, wissen viel von jedem Einzelnen, letztlich haben wir uns mit enormer Leidenschaft immer wieder zusammengerauft.
Stört Sie der Begriff Ostrock? Überhaupt nicht. Er hat eine geografische Bedeutung und steht auch für Lebensgefühl. Britpop ist ja auch ein würdigender Qualitäts-Begriff. Mit unserer Musik, den Texten, auch den einst DDR-kritischen, haben wir Haltung gezeigt und die Seelen der Leute berührt. Und wir tun das anscheinend immer noch: Das neue Doppel-Album ist auf Platz zwei der deutschen Charts gestürmt, die Konzertkarten verkaufen sich glänzend.
Wird der Abschied endgültig sein? Auf jeden Fall. Wir machen doch nicht winke, winke und kommen dann zurück. Das wäre ein Markentrick und Betrug an den Leuten. Wir wollen mal versuchen aufzuhören, wenn’s am schönsten ist.
Wäre in diesem Jahr auch Schluss, wenn Schlagzeuger Klaus Selmke nicht gestorben wäre?
Er hatte fünf Jahre gegen den Krebs gekämpft und es war immer auch ein Teil der Therapie, dass wir gemeinsam das 50. Jubiläum feiern wollten. Dann kam der Schlag mit Klaus, zudem konnten wir wegen der Pandemie über anderthalb Jahre nicht auftreten. Und so haben wir uns in der Band verständigt, dass 2022 jetzt ein guter Schlusspunkt wäre.
War die Aufnahme der Songs für das Album davon beeinflusst? Jeder wusste, dieser Prozess passiert das letzte Mal.
Wir wollten auf keinen Fall ein Best of-Album, sondern es mit frischer
Kraft und neuen Songs noch mal krachen lassen. Wir wussten: was wir jetzt textlich und musikalisch, emotional und kritisch nicht mitteilen, das sagen wir nie.
„Am Fenster“, 1977 aufgenommen, ist seit Jahrzehnten ein Kracher. Hat man es über, diesen Song zu spielen oder zu hören?
Allein, das ist ja schon ein Unterschied. Wir spielen ihn immer wieder gern, wissen auch nie, wie das Publikum reagiert. Das ist spannend. Hätten wir aber nicht immer wieder auch neue Lieder und neue Alben geliefert, wäre uns das Publikum längst weggelaufen.
Bevor City im Juli allein durchstartet, steht die Band mit Maschine und Silly auf der Bühne, dann mit den Berliner Symphonikern. Ein City-Konzert mit klassischer Begleitung gab es bisher noch nicht...
Unser Manager hat uns mit dem Orchester zusammengebracht. Jetzt sind wir Freunde und freuen uns auf die vier gemeinsamen Konzerte. Derzeit laufen die Proben dafür.
Was machen Sie nach dem 30. Dezember, dem letzten City-Konzert? Einen Tag später ist Silvester. Und die Feier wird bei mir ein Jahr dauern. Dann kann der Kater kommen. Das Wichtigste ist aber, dass die Lieder bleiben. Bei Spotify sind wir im letzten Jahr in mehr als 100 Ländern der Welt gelaufen. Und jeden Tag wurden 1000 Stunden City gestreamt. Das ist doch was für eine 50 Jahre alte Band. Ich denke, darauf können wir stolz sein. Und die Freude darüber wollen wir bei den Konzerten zeigen.