Schmählicher Abgesang auf „die Stadt“
Schauspieler widmet Gera eine Hymne
Gera. Wenn da der Name nicht wäre: Düster, schleppend und atmosphärisch wird sie besungen, die „vergessene Stadt“, die „gottverdammte Stadt“, einst stolz, doch jetzt am Ausatmen und Ausbluten. „Seht ihr, seht ihr sie sterben? Alter Glanz in Scherben.“Nimmt man allein den – nicht ganz von Klischees freien – Liedtext, es gebe sicher einige Städte im Land, die sich im Song des Schauspielers und Musikers Tom Schilling und dessen Band „Die andere Seite“wiederfinden könnten. Denn der kommt in Strophen und Refrain ganz ohne konkrete Verortung aus und könnte so als ein von Streichern begleiteter Abgesang an jene einst florierenden und nun von Strukturwandel, Überalterung und Innenstadt-Verödung gezeichneten Städte stehen. Wenn da nicht der Name des Songs wäre, denn der heißt „Gera“.
Es ist der sechste Titel auf dem gerade erschienenen und in vielen überregionalen Medien thematisierten Album „Epithymia“der Berliner Band „Die andere Seite“, die zuvor unter dem Namen „Tom Schilling and the Jazz Kids“auch schon in Gera ihre musikalische Visitenkarte abgegeben hat.
2017 war es der 1982 in Ost-Berlin geborene Schauspieler („Der Baader-Meinhof-Komplex“), der mit seiner Band nicht nur das Abschlusskonzert der Geraer Songtage bestritt, sondern damit auch den Schlusspunkt unter die zehnjährige Geschichte des Festivals setzte. An anderer Stelle spricht Tom Schilling von einem beruflichen Aufenthalt in Gera vor drei Jahren, was mit den Dreharbeiten für Leander Haußmanns „Stasikomödie“kollidiert.
Im Pressetext zum Album sagt er, dass er schon überlegt habe, ob er das Lied wirklich „Gera“nennen sollte, er wollte ja nicht die ganze Stadt abwatschen. Aber: „Es ist nur ehrlich. Das waren dunkle Stunden, die für mich nun mal mit der Stadt verbunden sind.“