Eine Randnotiz über einen genialen Poeten
Der Literat Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis, feierte in dieser Woche seinen 250. Geburtstag
Neudietendorf. In diesen Tagen wurde in den Medien in Thüringen und Sachsen-Anhalt am 2. Mai 2022 an den 250. Geburtstag eines Mannes erinnert, dem nur ein kurzes, aber intensives Leben beschieden war: Friedrich von Hardenberg, als Novalis in der Literatur bekannt. Unter den Poeten seiner Zeit war er mit zwei richtigen Berufen, als Jurist und Bergbau-Meister, eine absolute Ausnahme in der Vielseitigkeit seiner Bildung.
Die Stationen seiner Biografie sind heute ein Medienthema und als Erinnerungsorte gekennzeichnet. Eine Ausnahme in der Reihe der Novalis-Städte macht da die Gemeinde Neudietendorf, welche der streng pietistische Vater Freiherr Erasmus von Hardenberg für seine ersten beiden Kinder, die Tochter Caroline und den Sohn Friedrich, für die Schulausbildung bis zur Konfirmation festgelegt hatte.
Unterschiedliche Angaben zu
„Fritz“von Hardenbergs Kindheit
In dem zwischen Gotha und Erfurt gelegenen Ort gab es seit zwei Generationen eine Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeine. Diese bestand aus Flüchtlingen, die aus Glaubensgründen mit ihren Familien
aus Böhmen und Mähren (Tschechien) gekommen waren. Sie verstanden sich als reformierte evangelische Christen nach Jan Hus und Johann Amos Comenius und suchten ihre neue Heimat in deutschen Ländern, wie in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen.
In dem im Jahre 1995 erschienen Heimatbuch „Neudietendorf“, herausgegeben vom Kunstverlag Gotha, wird ausgeführt, dass der Schuljunge Fritz von Hardenberg die Schule der Brüdergemeine besuchte und auf die Konfirmation vorbereitet wurde.
Da hat vermutlich die Forschung inzwischen neuere Daten aus den Archiven gewonnen. Die englische Schriftstellerin Penelope Fitzgerald erzählt in ihrem Roman „Die blaue Blume“die Kindheit des jungen Fritz etwas anders (Originalausgabe 1995, deutsche Auflage 2019).
Danach erfüllte die Schwester Caroline die Aufgaben des strengen Tagesablaufes in der pietistischen Schule und im Internat sehr gut. Bruder Fritz aber brachte seine Lehrer und den Prediger dazu, dass letzterer den Freiherrn von Hardenberg aufforderte, seinen Sohn aus der Lehranstalt abzuholen. Der Junge stelle immerzu Fragen, sei aber nicht bereit, die Antworten zu akzeptieren. Er sei verträumt und werde kein annehmbares Mitglied der Gemeinde werden, so der Prediger. Damit hatte sich diese Ausbildung nach wenigen Monaten erledigt, Fritz war von der Schule bei der Brüdergemeine mit deren Intoleranz
anhaltend geprägt, kam zurück nach Oberwiederstedt und erhielt in einer für die Eltern finanziell schwierigen Zeit Privatunterricht, bis er in Eisleben das Gymnasium abschloß.
Novalis begann seine berufliche Laufbahn in Bad Tennstedt
Das Jurastudium beendete er mit gutem Erfolg, ebenso das Bergbaufach mit der stark naturwissenschaftlichen Ausrichtung. Die erste berufliche Station war in Thüringen das Landratsamt (Bad) Tennstedt, wo er sich auf dem benachbarten Schloss Grüningen in die junge Sophie von Kühn verliebte, welche in seinen Dichtungen eine wichtige Rolle spielen sollte. Danach lebte und arbeitete er wieder in Weißenfels, in der Salinen- und Bergbauverwaltung.
Die Schriftstellerei betrieb der vielseitige Novalis immer neben seinem Beruf. Durch seinen frühen Tod im 29. Lebensjahr hat er die Veröffentlichung der meisten seiner Werke nicht mehr selbst erleben können.
Dennoch ist er ein genialer Vertreter des Jenaer Romantikerkreises und der Frühromantik in der Literatur und Zeitgeschichte, sowie der geistige Schöpfer der „Blauen Blume“.