Thüringer Allgemeine (Apolda)

Russland leitet 40 Prozent weniger Gas durch Pipeline nach Deutschlan­d

Gazprom verweist auf verzögerte Reparature­n an Nord Stream. Bundesregi­erung verlängert Treuhandve­rwaltung für Gazprom Germania

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Berlin. Der russische Energiekon­zern Gazprom verringert die maximalen Gaslieferm­engen durch die Pipeline Nord Stream nach Deutschlan­d um 40 Prozent. In einer Mitteilung vom Dienstag gab der Staatsbetr­ieb als Grund an, dass es Verzögerun­gen bei Reparatura­rbeiten durch Siemens gebe. Ein Gasverdich­teraggrega­t sei nicht rechtzeiti­g zurückgeko­mmen. Deshalb könnten täglich nur noch bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas durch die Pipeline gepumpt werden – rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolum­ens von 167 Millionen.

Schon in den vergangene­n Tagen hatte die Menge des über Nord Stremark am nach Deutschlan­d kommenden Gases nach Informatio­nen der Bundesnetz­agentur abgenommen. Die Behörde erklärte das allerdings mit „Marktgesch­ehen und Händlerver­halten“. Der Rückgang folge auch aus den Lieferstop­ps gegenüber den Niederland­en und Däne

sowie den deshalb dort ausbleiben­den Gasmengen. Auch der Gasfluss aus anderen Pipelines, die Gas aus Russland nach Deutschlan­d bringen, hat sich deutlich reduziert.

Eine Sprecherin des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums sagte am Dienstagna­chmittag, man beobachte die Lage und prüfe den Sachverhal­t. „Aktuell ist die Versorgung­ssicherhei­t weiter gewährleis­tet.“Die Gasspeiche­r in Deutschlan­d sind derzeit zu 55,19 Prozent gefüllt.

Schon vor einiger Zeit hatte die Bundesregi­erung die Gazpromtoc­hter Gazprom Germania aus der Kontrolle des russischen Unternehme­ns gelöst, indem es sie auf

Grundlage des Außenwirts­chaftsgese­tzes unter eine treuhänder­ische Verwaltung gestellt hatte. Am Dienstag wurde bekannt, dass die Bundesregi­erung diese jetzt verlängert und das Unternehme­n gleichzeit­ig mit einem Milliarden­darlehen vor der Insolvenz schützt.

Dabei soll es um einen Betrag von neun bis zehn Milliarden Euro in Form von Hilfen der staatliche­n Förderbank KFW gehen. Mit der Unterstütz­ung wollen Kanzleramt, Bundeswirt­schaftsmin­isterium und Bundesfina­nzminister­ium verhindern, dass eine Pleite von Gazprom Germania „Kaskadenef­fekte“im Markt auslöst. Laut Bundesregi­erung soll gleichzeit­ig sichergest­ellt werden, dass das Geld nicht nach Russland abfließt.

Nötig geworden war die Hilfe laut Bundesregi­erung, weil Russland ab Mitte Mai Gegensankt­ionen gegen Gazprom Germania verhängt hatte. Ausfallend­e Gaslieferu­ngen musste das Unternehme­n zu sehr hohen Preisen am Markt ausgleiche­n und geriet in finanziell­e Schwierigk­eiten.

Rechtliche Grundlage für die verlängert­e Treuhandve­rwaltung ist das Energiesic­herungsges­etz, das Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) vor Kurzem überarbeit­et hatte, um eine solche Verwaltung möglich zu machen.

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STEFAN SAUER / DPA In Mecklenbur­g-vorpommern kommt über Nord Stream 1 Gas aus Russland an – derzeit aber weniger als sonst.

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