Industrie verurteilt Habeck-pläne
Kartellrechtsänderung würde „Grundfesten des Rechtssystems treffen“
Berlin. Der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, hat Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Änderung des Kartellrechts scharf kritisiert. „Die Zerschlagung von Unternehmen ist das schärfste Mittel, was dem Rechtsstaat zur Verfügung steht“, sagte Russwurm unserer Redaktion. „Die Schwelle für den Einsatz dieses Instruments noch niedriger zu setzen, um beim bloßen Anschein von Missbrauch reagieren zu können – das würde die Grundfesten unseres Rechtssystems treffen.“
Zum 1. Juni war zur Entlastung der Autofahrer die Energiesteuer auf Benzin und Diesel gesenkt worden. An den Zapfsäulen wurde dies aber kaum spürbar. Nach Habecks Plänen soll das Kartellamt mehr Möglichkeiten erhalten, gegen Mineralölkonzerne vorzugehen. Wettbewerbshüter sollen auch Gewinne abschöpfen können, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen. Als letztes Mittel sollen Entflechtungen möglich sein.
Entflechtungen landeten fast immer vor Gericht, entgegnete Russwurm. „Am Ende stehen oftmals horrende Entschädigungssummen, die der Steuerzahler zu bezahlen hat. Das kann niemand wollen, und es hilft in der aktuellen Situation auch niemandem.“
Russwurm wandte sich auch gegen eine sogenannte Übergewinnsteuer für Krisenprofiteure, wie sie SPD und Grüne vorgeschlagen hatten. „Ich tue mich sehr schwer, Gewinn von Übergewinn zu unterscheiden“, sagte er. „Ich halte eine moralische Bewertung für schwierig.“Gewinne würden in Deutschland bereits hoch besteuert.
Der Industriepräsident nahm die Mineralölkonzerne gegen den Vorwurf in Schutz, sie würden den Krieg in der Ukraine nutzen, um horrende Gewinne einzustreichen. Das müsse man „sauber analysiert und belegt haben, ehe man pauschale und schwerwiegende Verdächtigungen äußert“.
Russwurm machte deutlich, dass er ein anderes Instrument dem Tankrabatt vorgezogen hätte: „Viele sind darauf angewiesen, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Für die ließen sich die steigenden Spritpreise sinnvoll über die Entfernungspauschale kompensieren.“