Mehr Speicher notwendig
Experten diskutieren in Erfurt über Energieversorgung und die Rolle von Wasserstoff
Erfurt. Aktuell verfügt Deutschland über ausreichend Speicherkapazität für Energie – doch mit dem geplanten kräftigen Zuwachs bei erneuerbaren Energien werden bald neue Speicher gebraucht. „Das muss man in Politik und Wirtschaft im Blick haben“, sagte Matthias Zelinger, Leiter des Bereiches Klima und Energie vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, am Dienstag zum Auftakt der Erfurter Energiespeichertage im Kongresszentrum der Messe Erfurt.
Es bestehe kein Grund zur Panik, aber zu Eile, so der Energieexperte. Notwendig sei die Errichtung großer industrieller Speicher ebenso wie privater Heimspeicher. Es errichte ohnehin schon niemand mehr eine Fotovoltaikanlage auf seinem Hausdach ohne den zugehörigen Batteriespeicher. Allerdings müsse man auf derartige Anlagen derzeit mehrere Monate lang warten, räumte Zelinger ein. Das sei eine Folge gestörter Lieferketten aber auch einer weltweit stark gestiegenen Nachfrage.
Grüner Wasserstoff ist aus Sicht von Zelinger ein Baustein der Umstellung der Energieversorgung in Deutschland. Es sei aber ein Irrglaube, dass Wasserstoff schlagartig die Gaslieferungen aus Russland ersetzen könne. „Wir brauchen die Flüssiggas-terminals in den deutschen Häfen für die Versorgungssicherheit. Es wäre allerdings gut, bereits heute darüber nachzudenken, wie man sie in ein paar Jahren für Wasserstoff umrüsten könnte.“
Er wolle, dass Ostdeutschland zu einem Vorreiter bei der Energiewende wird, erklärte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, der Erfurter
Spd-bundestagsabgeordnete Carsten Schneider. Die Voraussetzungen seien mit den Windrädern, der gut ausgebauten Infrastruktur – in Thüringen mit Autobahnen, Icekreuz und Flughafen Erfurt – sowie der Akzeptanz der Industrie bei den Menschen gegeben.
Es gehe darum, die Energieversorgung in Deutschland komplett zu drehen und von Russland unabhängig zu machen, räumte Schneider auch eigene Fehler bei der Einschätzung
von russischem Vormachtstreben ein. „Ich will, dass Ostdeutschland das Zentrum der Wasserstoff-technologien wird“, so Schneider. Deshalb habe er die Gründung einer nationalen Koordinierungsstelle Wasserstoff angekündigt. Die Bundesregierung werde sicherstellen, dass die Raffinerien in Schwedt und Leuna auch nach einem Lieferstopp für russisches Öl weiterarbeiten und die Versorgung für die neuen Länder sicherstellen können. Sollte das Öl teuerer werden, müsse man es subventionieren, so Schneider.
Man greife bei dieser zweitägigen Konferenz ein Thema auf, das aktueller nicht sein könne, versicherte Erfurts Messechef Michael Kynast. Der Krieg in der Ukraine habe die Energieversorgung jetzt noch stärker in den Fokus gerückt. „Mit den Energiespeichertagen sind wir daher direkt am Puls der Zeit“, zeigte sich Kynast überzeugt.