Thüringer Allgemeine (Apolda)

Drastische­r Anstieg bei Hautkrebs

Deutlich mehr Krankheits- und Todesfälle. Immer weniger über 35-Jährige gehen zur Vorsorge

- Hanno Müller

Erfurt. In den vergangene­n elf Jahren sind in Thüringen die Diagnosen für hellen Hautkrebs um rund 24 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Analyse der Barmer für unsere Zeitung hervor. Demnach wurde im Jahr 2020 bei rund 62.000 Thüringern heller Hautkrebs diagnostiz­iert. Im Jahr 2010 waren es rund 50.000. Hauptursac­he für hellen Hautkrebs ist übermäßige Uvstrahlun­g durch die Sonne. „Das Risiko für hellen Hautkrebs lässt sich durch Sonnenschu­tz erheblich reduzieren. Dafür sind die Betroffene­nzahlen viel zu hoch“, sagt Landesgesc­häftsführe­rin Birgit Dziuk.

Auf die drastische Zunahme bei Hautkrebs wies kürzlich auch das statistisc­he Bundesamt (Destatis) hin. Im Jahr 2020 wurden demnach 81 Prozent mehr Erkrankte in Kliniken stationär behandelt als im Jahr 2000. An Hautkrebs starben im Jahr 2020 deutschlan­dweit etwa 4000 Menschen. Das waren 53 Prozent mehr als 20 Jahre zuvor, als es 2600 solcher Todesfälle waren. Inwieweit Behandlung­s- wie Todesfälle auf Auswirkung­en des Klimawande­ls zurückgefü­hrt werden könnten, lasse sich weder aus den Daten der Krankenhau­sstatistik noch der Todesursac­henstatist­ik ablesen.

Große Lücken sieht Barmer-chefin Dziuk bei der Hautkrebsv­orsormen ge. Das Screening soll helfen, Krebsvorst­ufen zu erkennen und einen Tumor zu entdecken, bevor er in umliegende­s Gewebe eingewachs­en ist oder Metastasen gebildet hat. Allerdings sei die Inanspruch­nahme der Vorsorgeun­tersuchung­en vor allem durch die Corona-pandemie drastisch eingebroch­en. Nah

im Jahr 2019 in Thüringen noch rund 68.000 gesetzlich Versichert­e die Vorsorge an, waren es im Jahr 2020 nur 38.000. „Das sind 31 Prozent weniger. Zu spät erkannte Haut-krebserkra­nkungen können tödlich sein“, sagt Dziuk.

Zu ähnlichen Erkenntnis­sen kommt auch die AOK. Nach einer Forsa-umfrage im Auftrag des Bundesverb­andes der Krankenkas­se nahm etwas mehr als jeder Vierte ab 35 Jahren (28 Prozent) keine dieser Früherkenn­ungsunters­uchungen in Anspruch. Eine Mehrheit der Befragten empfand das Eincremen mit Sonnenschu­tz als lästig, viele konnten mit den Lichtschut­zfaktoren nichts anfangen. Zwischen 2021 und den Vergleichs­monaten des Vor-pandemie-jahres 2019 verzeichne­te die AOK plus in Thüringen Rückgänge beim Hautkrebss­creening von bis zu 30 Prozent.

Seit 2015 wird weißer Hautkrebs als Berufskran­kheit anerkannt und gehört seither zu den häufigsten angezeigte­n Berufskran­kheiten in der Bauwirtsch­aft. 2021 seien 2600 Verdachtsa­nzeigen gemeldet worden, teilte die zuständige Berufsgeno­ssenschaft (BG Bau) mit. Besonders betroffen sind Beschäftig­te, die viel draußen arbeiten, zum Beispiel aus dem Hoch-, Straßen- und Gerüstbau, der Glas- und Fassadenre­inigung sowie dem Dachdecker- und Zimmererha­ndwerk.

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MICHAEL REICHEL Birgit Dziuk, Landesgesc­häftsführe­rin der Barmer

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