Wer ist der beste Krisenmanager?
Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner müssen parteipolitisch über ihren Schatten springen. Das gelingt nicht allen gleich gut
Berlin. Industriepräsident Siegfried Russwurm findet klare Worte: „Wir haben uns die Feuerwehr gespart, weil wir das Brandrisiko für vernachlässigbar gehalten haben. Jetzt brennt es lichterloh“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) auf dem jährlichen Spitzentreffen des Verbandes mit Politik und Wirtschaft am Dienstag. Um Kostenvorteile zu generieren, habe man sich in Abhängigkeiten begeben, die Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit des Landes seien nicht hinreichend gewesen.
Die Folgen all dessen spüren derzeit alle: Die Verbraucherinnen und Verbraucher ächzen unter den hohen Preisen, nun droht sogar staatlich angeordnetes Frieren, sollte Russlands Machthaber Wladimir Putin den Gashahn vollständig zudrehen. Tritt der Fall ein, könnte Deutschlands Wirtschaft in Teilen stillstehen – eine Rezession wäre dann kaum zu verhindern. Während die Ukraine immer mehr unter militärischen Druck gerät, steigen in Deutschland die Schulden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sind es, die im Bild von Russwurm nun als Feuerwehrmänner agieren müssen.
Am deutlichsten blitzte der Krisenmanager bei Scholz während seiner viel beachteten Zeitenwende-rede im Februar auf. Mit klaren Worten verurteilte er Russlands Angriff und präsentierte eine emotionale Entschlossenheit, die den kühlen „Scholzomaten“vergessen ließen.
Der Eindruck hielt allerdings nicht lang. Immer wieder vermied Scholz klare Aussagen, das brachte ihm den Vorwurf der Widersprüchlichkeit ein. Die Reise in die Ukraine schob Scholz nach der Ausladung von Bundespräsident Frankwalter Steinmeier auf die lange Bank.
Das Bild von Olaf Scholz ist gespalten. Befürworter seines Kurses schätzen seinen kühlen Kopf in der Krise. Die ruhige, analytische Art, wohl wissend, dass politische Schnellschüsse in einer Lage wie dieser unkontrollierbare Folgen haben können. Kritiker werfen im Zögerlichkeit und Unentschlossenheit vor.
In der SPD hadern einige mit dem neuen Kurs der Bundesregierung, militärisch aufzurüsten. Hier aber zeigt Scholz Entschlossenheit, hat große Linien der Politik im Blick, sucht den Schulterschluss sowohl mit den Eu-partnern als auch mit den USA, bereist die Nato-ostflanke – und dirigiert sein Kabinett. Doch gerade dort tauchen erste Risse auf. Bei all den globalen Krisen muss Scholz einen weiteren Brandherd innerhalb der Ampelkoalition verhindern.
Der grüne Wirtschaftsminister legt derzeit den größten Spagat hin. Eigentlich wollten die Grünen mit einer entschlossenen Klimapolitik punkten, als sie das sogenannte Superministerium für Wirtschaft und Klima schufen. Nun plant Habeck, die Co2-schleudern der Braun- und Steinkohlekraftwerke aus der Reserve zu holen, um die Versorgungssicherheit zu sichern, sollte Putin den Gashahn noch weiter und schließlich ganz zudrehen.
Vor dem Emir von Katar senkte Habeck den Kopf, um als Bittsteller Flüssiggas für Deutschland zu sichern. Das von den Grünen verhasste Frackinggas landet ab dem kommenden Jahr direkt in Deutschland an, weil Habeck Druck beim Ausbau von Lng-terminals macht. Dass selbst CDUCHEF Friedrich Merz Habeck am
Tag der Industrie seinen Respekt aussprach, dürfte bei den Grünenanhängern an der Basis wohl kaum für Begeisterung sorgen.
Fast schon geht dabei unter, dass Habeck neben seinen Maßnahmen mit dem sogenannten Osterpaket umfangreich Gesetze geändert und neu aufgelegt hat, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Habeck macht in seiner eigenen Kommunikation die eigenen Widersprüche, die Zerrissenheit sichtbar. In der Wirtschaft hat er mit seinem Kurs gepunktet.
Für den FDP-CHEF und Bundesfinanzminister läuft es derzeit nicht gut. In diesem Jahr muss Christian Lindner an neuen Krediten und für das Sondervermögen der Bundeswehr 240 Milliarden Euro aufnehmen. Hinzu kommt eine Verfassungsklage, weil er 60 Milliarden Euro an nicht genutzten Krediten in einen Klimafonds umschichtete – eine Praxis, die Lindner in der Opposition noch scharf kritisiert hatte. Bei den Entlastungen hielt Lindner krampfhaft am Tankrabatt fest, nun verpufft der Effekt an den Tankstellen. Der Liter Diesel kostet bereits wieder mehr als vor dem Tankrabatt.
Lindner hat stets betont, dass ab dem kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder gelten soll. Daran lässt er keinen Zweifel, zumal in Zeiten steigender Zinsen das Loch in der Staatskasse größer werden wird. Musste Lindner in diesem Jahr noch vier Milliarden Euro für den Schuldendienst einplanen, steigt der Betrag im kommenden Jahr auf 30 Milliarden Euro.
Lindners Rolle als Krisenmanager wird erst noch kommen, wenn ab dem kommenden Jahr das Geld sehr knapp wird, die Verbraucherinnen und Verbraucher durch hohe Preise aber weiter stark belastet werden und die Wirtschaft ins Straucheln geraten sollte. Dann wird es kluge finanzielle Entscheidungen brauchen, um sich Spielräume zu erarbeiten. Spart Lindner an den falschen Stellen, droht wirtschaftlicher Abschwung.
Wir haben uns die Feuerwehr gespart. Jetzt brennt es lichterloh. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie