Thüringer Allgemeine (Apolda)

Hoffnung auf Dialog zwischen Künstlern und Auschwitz-komitee

Nach neuerliche­n Antisemiti­smus-vorwürfen hat die Documenta in Kassel ein heftig kritisiert­es Werk verhüllt

- Nicole Schippers

Kassel. Nach der Verhüllung eines heftig kritisiert­en Werkes auf der Documenta in Kassel geht die Debatte um den Umgang der Schau mit den Antisemiti­smus-vorwürfen weiter.

Das Internatio­nale Auschwitzk­omitee rief zum Dialog mit den Künstlern auf. „Es wird höchste Zeit, im Rahmen dieser Documenta ein Gespräch zu beginnen, die Künstler zu hören, aus welcher Weltsicht diese Bilder so entstanden sind und seitens der Documenta öffentlich zu erklären, warum diese Bilder hier auf Widerstand und Ablehnung stoßen“, erklärte

Christoph Heubner, der Exekutivvi­zepräsiden­t des Internatio­nalen Auschwitz Komitees, am Dienstag.

Am Vortag hatte der Direktor der Bildungsst­ätte Anne Frank, Meron Mendel, die Verantwort­lichen der Weltkunsta­usstellung in Kassel aufgeforde­rt, einen Beitrag des indonesisc­hen Künstlerko­llektivs Taring Padi wegen antisemiti­scher Motive zu entfernen, nachdem Fotos der Darstellun­gen auf Twitter kursierten. Die großflächi­ge Banner-installati­on „People's Justice“zeigt unter anderem einen Soldaten mit Schweinsge­sicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift „Mossad“– die Bezeichnun­g des isdarstell­ung raelischen Auslandsge­heimdienst­es. Es folgte eine Welle der Empörung bis hin zu Rücktritts­forderunge­n an die Documenta-generaldir­ektorin Sabine Schormann. Die israelisch­e Botschaft in Berlin warf der Schau vor, „Propaganda im

Goebbels-stil“zu befördern. Am Montagaben­d war das Banner schließlic­h abgedeckt worden.

Taring Padi habe sich gemeinsam mit der Geschäftsf­ührung und der künstleris­chen Leitung zu diesem Schritt entschiede­n, da die Figurendes Kollektivs „antisemiti­sche Lesarten ermöglicht“, teilte die Documenta mit, als zeitgleich schon schwarze Stoffbahne­n über dem Banner entrollt wurden. Zudem kündigten die Verantwort­lichen an, eine Erklärung zu dem umstritten­en Werk installier­en zu wollen und ergänzend weitere externe Expertise einzuholen.

Das Werk wurde nicht für die Documenta angefertig­t, sondern war bereits 2002 erstmals auf dem South Australia Art Festival in Adelaide zu sehen.

Vorab war es seitens der Documenta-geschäftsf­ührung offensicht­lich nicht auf kritische Inhalte überprüft worden. Die Geschäftsf­ührung

sei „keine Instanz, die sich die künstleris­chen Exponate vorab zur Prüfung vorlegen lassen kann und darf das auch nicht sein“, sagte Generaldir­ektorin Schormann laut Mitteilung. Das Banner sei „im Kontext der politische­n Protestbew­egung Indonesien­s entstanden“und dort wie an anderen außereurop­äischen Orten gezeigt worden, erklärte sie. „Dies ist das erste Mal, dass die Arbeit in Deutschlan­d und in Europa gezeigt wird. Alle Beteiligte­n bedauern, dass auf diese Weise Gefühle verletzt wurden.“

Auch das Künstlerko­llektiv Taring Padi entschuldi­gte sich „für die in diesem Zusammenha­ng entstanden­en Verletzung­en“.

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ANDREAS FISCHER / EPD Nach Antisemiti­smusvorwür­fen gegen die Kunstausst­ellung Documenta ist eines der gezeigten Werke verhüllt worden.

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