„Irre Sanktionspolitik“
Afd-bundesvize Brandner aus Gera im Gespräch über Höcke, Rechtsextreme, Putin und Krieg
Gera. Stephan Brandner (56) aus Gera ist als Vize-bundeschef der AFD wiedergewählt worden. Im Interview spricht er über den Einfluss des Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke auf den Bundesvorstand und sagt, wie er die Russlandfreundlichkeit der AFD findet.
Schön, dass wir pünktlich zueinander finden. Warum hat das beim Parteitag nicht funktioniert, als Sie zum Pressestatement kommen sollten? (lacht) Mir wurde schlicht eine falsche Uhrzeit gesagt.
Ich dachte, bei der AFD gehen die Uhren anders. Als einziger Thüringer im Afd-bundesvorstand sind Sie weiter verlängerter Arm des Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke. Stimmt doch, oder?
Das ist heute der gleiche Nonsens wie vor zweieinhalb Jahren, als ich das erste Mal in den Bundesvorstand gewählt wurde. Es wird eben versucht, einem irgendwelche Attribute anzuhängen und mit Putinfreund oder Antisemit kommen Sie bei mir nicht weit. Dann bin ich eben der Höcke-arm.
Dann können Sie bestimmt beschreiben, welchen Einfluss er auf den Bundesvorstand, und damit auf Sie, hat. Er hat genauso viel Einfluss wie jeder andere Bürger. Ich höre mir alles an und entscheide selbst.
Höcke setzt maßgebliche Dinge wie die Einer-spitze durch. Da kann man doch nicht ernsthaft seinen Einfluss kleinreden wollen.
Die Einer-spitze wollten ich und viele andere auch. Das war eine notwendige Reform, der sehr viele Mitglieder zugestimmt haben, …
… die Höcke initiiert und durchgesetzt hat.
Gute Ideen, die er einbringt, werden doch nicht dadurch zu schlechten Ideen, weil er sie einbringt.
Hielten Sie ihn für den besseren Bundesvorsitzenden?
Er macht seine Sache in Thüringen sehr gut und hat Wirkmacht weit darüber hinaus. Um die zu erhalten, muss er kein Bundesvorsitzender sein. Aber ich finde es müßig, darüber zu spekulieren, ob jemand, der vielleicht in zwei Jahren mal irgendwo ankommt, ein guter Vorsitzender wäre.
Können Sie das besser erklären als Ihre Vorsitzende Alice Weidel in einem viel beachteten Ard-interview: Was ist für Sie rechtsextrem? Salopp formuliert würde ich sagen, rechtsextrem sind immer die anderen. Ernsthaft gesprochen, und das ist mein Ansatz, ist ein Extremist jemand, der unter Inkaufnahme von Gewalttaten unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung außer Kraft setzen will.
Sie haben einen Extremisten beschrieben, keinen Rechtsextremisten. Das sind dann jene, die von irgendwelchen Nazigedanken getrieben werden.
Hat die AFD ein Problem mit von Nazi-gedanken Getriebenen?
Nein, weil es solche bei uns nicht gibt, ich jedenfalls keinen kenne.
Wenn sich Afd-parteimitglieder hinstellen und Corona-impfungen mit den Verbrechen des Nazi-arztes Mengele gleichsetzen und diese relativieren, dann ist das nicht rechtsextremistisch oder Nazi-gedanke? Abgesehen davon, dass Coronazwangsimpfungen verfassungswidrig sind, ist das natürlich eine bescheuerte Aussage, die an den geschichtlichen Tatsachen vorbeigeht. Ich vermisse bei dieser Aussage aber den Ansatz, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung außer Kraft zu setzen.
Die Aussage stammt von Höcke.
Das Zitat kenne ich nicht. Wenn es stimmen sollte, habe ich aber Glück gehabt mit meiner Antwort (lacht).
Die Russland-freundlichkeit der AFD war auf dem Parteitag deutlich spürbar. Teilen Sie die Sicht?
Für mich und uns stehen die Interessen der Deutschen ganz oben in unserer politischen Arbeit. Wir sollten unser Wohlergehen immer vor Augen haben. Abgesehen davon habe ich Putin bereits Anfang März schon als Verbrecher bezeichnet und bin seit 2014, als er die Krim annektiert hat, davon überzeugt, dass mit dem Kerl nicht gut Kirschen essen ist.
Wie wohl fühlen Sie sich dann in einer Partei, die ständig das Gegenteil davon propagiert?
Ich fühle mich wohl in einer Partei, die das gesamte Meinungsspektrum abbildet und auch hier habe ich eben mal eine andere Meinung als andere. Zudem merken wir gerade, wie kopflos die irre Sanktionspolitik gegen Russland ist.
Machen Sie mal einen Vorschlag. Unsere Lösung heißt, keine Sanktionen zu verhängen, die uns erheblich schaden. Im Ergebnis, wenn zum Beispiel die Gas-warnstufe drei ausgerufen wird, führt das hier vor Ort zu Sanktionierungen und Rationierungen. So schade ich keinem Russland, das in der Ukraine Krieg führt, sondern nur uns selbst.
Wie kann man es anders machen? Man muss diesen Unsinn lassen.
Also soll der völkerrechtswidrige Krieg ohne Folgen für Putin sein. Nein, man muss sich Sanktionen überlegen, die uns in Deutschland weniger schaden, aber Putin und Russland dennoch treffen.
Welche denn?
Kapitalströme einfrieren und sich anschauen, wie man mit russischen Vermögen in Deutschland umgeht.
Putin lacht sich doch ins Fäustchen. Sie können der AFD nicht anlasten, dass wir uns in den vergangenen zwei Jahrzehnten derart von Russland abhängig gemacht haben.
Das kreide ich Ihnen nicht an. Die AFD behauptet nur immer, den besseren Plan für Deutschland zu haben. Mit einem Plan müssen wir aber anfangen, wenn das Haus gebaut wird und nicht, wenn die Hütte lichterloh brennt. Wenn die AFD regieren würde, hätten wir eine schlagkräftige Bundeswehr, die möglicherweise schon dazu geführt hätte, dass Russland die Ukraine gar nicht erst angegriffen hätte.
Das ganze Interview steht online: thueringer-allgemeine.de/