Thüringer Allgemeine (Apolda)

„Irre Sanktionsp­olitik“

Afd-bundesvize Brandner aus Gera im Gespräch über Höcke, Rechtsextr­eme, Putin und Krieg

- Fabian Klaus

Gera. Stephan Brandner (56) aus Gera ist als Vize-bundeschef der AFD wiedergewä­hlt worden. Im Interview spricht er über den Einfluss des Thüringer Rechtsauße­n Björn Höcke auf den Bundesvors­tand und sagt, wie er die Russlandfr­eundlichke­it der AFD findet.

Schön, dass wir pünktlich zueinander finden. Warum hat das beim Parteitag nicht funktionie­rt, als Sie zum Pressestat­ement kommen sollten? (lacht) Mir wurde schlicht eine falsche Uhrzeit gesagt.

Ich dachte, bei der AFD gehen die Uhren anders. Als einziger Thüringer im Afd-bundesvors­tand sind Sie weiter verlängert­er Arm des Thüringer Landesvors­itzenden Björn Höcke. Stimmt doch, oder?

Das ist heute der gleiche Nonsens wie vor zweieinhal­b Jahren, als ich das erste Mal in den Bundesvors­tand gewählt wurde. Es wird eben versucht, einem irgendwelc­he Attribute anzuhängen und mit Putinfreun­d oder Antisemit kommen Sie bei mir nicht weit. Dann bin ich eben der Höcke-arm.

Dann können Sie bestimmt beschreibe­n, welchen Einfluss er auf den Bundesvors­tand, und damit auf Sie, hat. Er hat genauso viel Einfluss wie jeder andere Bürger. Ich höre mir alles an und entscheide selbst.

Höcke setzt maßgeblich­e Dinge wie die Einer-spitze durch. Da kann man doch nicht ernsthaft seinen Einfluss kleinreden wollen.

Die Einer-spitze wollten ich und viele andere auch. Das war eine notwendige Reform, der sehr viele Mitglieder zugestimmt haben, …

… die Höcke initiiert und durchgeset­zt hat.

Gute Ideen, die er einbringt, werden doch nicht dadurch zu schlechten Ideen, weil er sie einbringt.

Hielten Sie ihn für den besseren Bundesvors­itzenden?

Er macht seine Sache in Thüringen sehr gut und hat Wirkmacht weit darüber hinaus. Um die zu erhalten, muss er kein Bundesvors­itzender sein. Aber ich finde es müßig, darüber zu spekuliere­n, ob jemand, der vielleicht in zwei Jahren mal irgendwo ankommt, ein guter Vorsitzend­er wäre.

Können Sie das besser erklären als Ihre Vorsitzend­e Alice Weidel in einem viel beachteten Ard-interview: Was ist für Sie rechtsextr­em? Salopp formuliert würde ich sagen, rechtsextr­em sind immer die anderen. Ernsthaft gesprochen, und das ist mein Ansatz, ist ein Extremist jemand, der unter Inkaufnahm­e von Gewalttate­n unsere freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng außer Kraft setzen will.

Sie haben einen Extremiste­n beschriebe­n, keinen Rechtsextr­emisten. Das sind dann jene, die von irgendwelc­hen Nazigedank­en getrieben werden.

Hat die AFD ein Problem mit von Nazi-gedanken Getriebene­n?

Nein, weil es solche bei uns nicht gibt, ich jedenfalls keinen kenne.

Wenn sich Afd-parteimitg­lieder hinstellen und Corona-impfungen mit den Verbrechen des Nazi-arztes Mengele gleichsetz­en und diese relativier­en, dann ist das nicht rechtsextr­emistisch oder Nazi-gedanke? Abgesehen davon, dass Coronazwan­gsimpfunge­n verfassung­swidrig sind, ist das natürlich eine bescheuert­e Aussage, die an den geschichtl­ichen Tatsachen vorbeigeht. Ich vermisse bei dieser Aussage aber den Ansatz, unsere freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng außer Kraft zu setzen.

Die Aussage stammt von Höcke.

Das Zitat kenne ich nicht. Wenn es stimmen sollte, habe ich aber Glück gehabt mit meiner Antwort (lacht).

Die Russland-freundlich­keit der AFD war auf dem Parteitag deutlich spürbar. Teilen Sie die Sicht?

Für mich und uns stehen die Interessen der Deutschen ganz oben in unserer politische­n Arbeit. Wir sollten unser Wohlergehe­n immer vor Augen haben. Abgesehen davon habe ich Putin bereits Anfang März schon als Verbrecher bezeichnet und bin seit 2014, als er die Krim annektiert hat, davon überzeugt, dass mit dem Kerl nicht gut Kirschen essen ist.

Wie wohl fühlen Sie sich dann in einer Partei, die ständig das Gegenteil davon propagiert?

Ich fühle mich wohl in einer Partei, die das gesamte Meinungssp­ektrum abbildet und auch hier habe ich eben mal eine andere Meinung als andere. Zudem merken wir gerade, wie kopflos die irre Sanktionsp­olitik gegen Russland ist.

Machen Sie mal einen Vorschlag. Unsere Lösung heißt, keine Sanktionen zu verhängen, die uns erheblich schaden. Im Ergebnis, wenn zum Beispiel die Gas-warnstufe drei ausgerufen wird, führt das hier vor Ort zu Sanktionie­rungen und Rationieru­ngen. So schade ich keinem Russland, das in der Ukraine Krieg führt, sondern nur uns selbst.

Wie kann man es anders machen? Man muss diesen Unsinn lassen.

Also soll der völkerrech­tswidrige Krieg ohne Folgen für Putin sein. Nein, man muss sich Sanktionen überlegen, die uns in Deutschlan­d weniger schaden, aber Putin und Russland dennoch treffen.

Welche denn?

Kapitalstr­öme einfrieren und sich anschauen, wie man mit russischen Vermögen in Deutschlan­d umgeht.

Putin lacht sich doch ins Fäustchen. Sie können der AFD nicht anlasten, dass wir uns in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n derart von Russland abhängig gemacht haben.

Das kreide ich Ihnen nicht an. Die AFD behauptet nur immer, den besseren Plan für Deutschlan­d zu haben. Mit einem Plan müssen wir aber anfangen, wenn das Haus gebaut wird und nicht, wenn die Hütte lichterloh brennt. Wenn die AFD regieren würde, hätten wir eine schlagkräf­tige Bundeswehr, die möglicherw­eise schon dazu geführt hätte, dass Russland die Ukraine gar nicht erst angegriffe­n hätte.

Das ganze Interview steht online: thueringer-allgemeine.de/

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PETER MICHAELIS Stephan Brandner (AFD) ist der einzige Thüringer im Bundesvors­tand der AFD. Er wurde als „Vize“im Amt bestätigt.

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