Tief entspannt am Check-in- Schalter
Keine Spur von langen Wartezeiten und Koffer-chaos. Personalnotstand anderer Flughäfen ist dem Erfurter fremd
Erfurt. Endlose Warteschlangen, liegen bleibende Koffer, gestresste Fluggäste – keine Spur davon am Erfurter Flughafen, als gegen 9.30 Uhr die „Entdecker“-gruppe vom Kindergarten „Brühler Gartenzwerge“eintrifft. Und dabei hat sich Erzieherin Andrea Bardel für ihre Vorschulkindergruppe extra den Dienstagvormittag ausgesucht, an dem drei Maschinen aus Griechenland und Mallorca landen, starten und für den größten Betrieb der ganzen Woche am Erfurter Airport sorgen.
Die fröhlich plappernden „Entdeckerzwerge“in der Straßenbahn sind dann auch der größte Trubel des Tages für Familie Maiwald aus Jena, die auf dem Weg nach Griechenland ist. Als sie ihren Urlaub vor eineinhalb Monaten buchte, habe keiner ahnen können, dass einige Flughäfen im Chaos versinken, sagt die junge Frau. Vorsorglich hätten sie drei Stunden Wartezeit eingeplant, damit ja nichts schiefgeht. Als sie die Abflughalle erreichen, ist ihr Schalter geöffnet, niemand wartet dort, und ihr Gepäck ist innerhalb von zwei, drei Minuten eingecheckt. „Perfekt“, sagt sie, die Badeanzug und T-shirt ins Handgepäck gesteckt hat, man könne ja nie wissen. Bilder aus Düsseldorf und Köln seien ihr Warnung genug gewesen. Einen „Schlüpper“in Reserve habe auch er eingepackt – ansonsten sei er einfach Optimist.
Für die Party kurzfristig nach Mallorca
Gehört von Chaos-flughäfen haben auch die Reisenden, die mit AP 5138 um 12.15 Uhr nach Mallorca abheben wollen. „Hier ist alles entspannt“, sagt die Familie aus Erfurt, die trotz kürzester Anfahrt lieber auch drei Stunden früher am Airport ist. Maximal zehn Personen stehen in den Warteschlangen. Darunter sind Emmy und Coline, die zur Feier ihres Abiturs nach Mallorca wollen. „Party machen am Ballermann“, lautet ihre Ansage nach zwölf Schuljahren, bei der die Eltern, die sie aus Zella-mehlis hergebracht haben, kurz die Augen verdrehen. Als Belohnung für eine Zwei vorm Komma bleiben die Mädchen bis Freitag auf der Balearen-insel. Kurz, aber intensiv, wie die beiden Freundinnen ankündigen. Wenn das Gepäck verloren gehe, werde eben ein neuer Bikini gekauft ...
Sicher, sagt der Vater, auch andere Flughäfen hätten günstige Flüge geboten, doch in Erfurt nehme die
Reise gewiss den entspanntesten Anfang.
Davon ist auch Christian Böhme aus Erfurt überzeugt. Ganze fünf Minuten hat es gedauert für ihn vom Eintreffen in der Abflughalle bis zum Eingang des Sicherheitschecks, wo ein freundlich lächelnder Mann die Bordkarten prüft. Vor sechs Uhr nach Stuttgart zu reisen oder um 7 Uhr – vielleicht mit einer Übernachtung zuvor – ab Berlin zu fliegen: „Das ist doch nicht wirklich angenehm“, beschreibt er Alternativen zum Erfurter Airport, die für ihn keine sind.
Flughafen-chef Gerd Stöwer freut sich: „Wir haben’s im Griff“, sagt er, während er den Blick über die Schalterhalle schweifen lässt. Anders als die Flughäfen mit Kofferchaos habe Erfurt keinerlei Personal abgebaut, sondern seine 130 und in Spitzenzeiten bis 150 Mitarbeiter auch in angespannten Zeiten beibehalten. Schon behalten müssen: So sei beispielsweise bei der Flughafenfeuerwehr eine Mindestzahl Beschäftigter vorgeschrieben. Weniger Personal beim Bodenverkehrsdienst brächte gleich den ganzen Flugbetrieb zum Erliegen, der sich in Pandemiezeiten auf
Frachtverkehr verlagert hatte. Klar sei damit auch, dass ein kleinerer Flughafen vergleichsweise höhere Fixkosten habe.
39.000 Fluggäste waren im Jahr 2020 in Erfurt gezählt worden, 2021 waren es 79.000. „Für 2022 rechnen wir mit einem Plus von 80 Prozent“, sagt der Flughafen-geschäftsführer, ein Potenzial von 300.000 im Blick. „Da wollen wir wieder hin“, kündigt er an. Liebstes Ziel der Reisenden:
Antalya. Drei Airlines fliegen regulär fünf Mal die Woche in die türkische Stadt, in den Ferien acht Mal. Beworben wird der Flughafen Erfurt-weimar mit der besonderen Nähe und guten Erreichbarkeit. Und Pressesprecher Hans-holm Bühl frotzelt mit Blick aufs Riesen-drehkreuz Frankfurt: „Wer sich im Erfurter Flughafen verläuft, sollte lieber Urlaub im Garten machen.“So dauert es nur Minuten für die Flugreisenden
aus Heraklion, bis sie ihr Gepäck vom Rollband nehmen können. „Keine Probleme“, lautet ihr Urteil auf dem Weg aus dem Terminal. Den hat auch Vorschüler und Flugzeug-fan August mit den Entdecker-zwergen eingeschlagen. Zum Mittag wollen sie wieder in ihrem Kindergarten sein. Zu sehen gebe es für den Rest des Tages – nach Flugplan – hier ohnehin nichts mehr.