Rohstoff-lieferanten im Fokus
Thüringer Wirtschaft setzt auf stabile Importwege und bietet künftig Einkäuferreisen an
Oberhof. Im Thüringer Außenhandel haben die Pandemie und der Krieg in der Ukraine die Prioritäten kräftig verschoben.
Man müsse künftig den Import von Vorprodukten und Material für die Thüringer Industrie stärker in den Fokus der Außenwirtschaftspolitik stellen, erläuterte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) beim Thüringer Außenwirtschaftstag am Dienstag in Oberhof die neue Richtung an.
„Wir sind im Dauerkrisenmodus“, erinnerte der Minister an die zurückliegenden Jahre mit Finanzkrise, Pandemie und Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft. Es komme aber darauf an, wie man auf Krisen reagiere und ob man geschwächt oder gestärkt daraus hervorgehe.
Importbeziehungen sollen verstärkt werden
„Bisher haben wir uns im Außenhandel vor allem auf neue Absatzmärkte im Ausland konzentriert“, sagte Tiefensee vor 140 Unternehmerinnen und Unternehmern. Jetzt werde man sich verstärkt auch um stabilere Importbeziehungen kümmern müssen.
Gerade in aktuellen Krisen hätten sich Lieferketten aus dem Ausland zum Teil als äußerst fragil erwiesen, ein Ersatz durch regionale Lieferketten sei aber nicht in allen Fällen möglich. Viele Thüringer Firmen drängten auf eine Ausweitung und vor allem auf eine Stabilisierung von internationalen Zulieferbeziehungen.
Auf diese Forderung reagiere man in der Außenwirtschaftsförderung jetzt mit dem Angebot von Einkäuferreisen. Noch im Herbst dieses Jahres werde die LEG Thüringen eine erste Einkäuferreise innerhalb Europas anbieten. Statt Kunden sollen dabei gezielt potenzielle Rohstoffoder Vorlieferanten für die mitreisenden Thüringer Unternehmen angesprochen werden.
Insgesamt sei das Außenwirtschaftsjahr 2021 nach dem pandemiebedingten Einbruch 2020 wieder äußerst erfolgreich verlaufen, so Tiefensee. Mit fast 17 Milliarden Euro Export- und knapp 13,7 Milliarden Euro Importvolumen seien Rekordmarken im Thüringer Außenhandel erzielt worden – auch wenn diese zumindest teilweise auf gestiegenen Warenpreise beruhten.
„Wir sehen allen Risiken zum Trotz im Moment eine gewisse Erholung der Exportwirtschaft“, sagte er. „Davon profitiert auch Thüringen sehr deutlich.“Allerdings sei unsicher, wie lange diese Erholungsphase anhalten werde.
Lieferkettenprobleme belasten Thüringer Industrie
„Nachdem zuletzt pandemiebedingt der Thüringer Außenwirtschaftstag nicht in Präsenz stattfinden konnte, freuen wir uns, dass es wieder die Möglichkeit zum umfassenden Austausch vor Ort gibt“, sagte der Geschäftsführer der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen, Andreas Krey.
„Gerade angesichts der gewaltigen Herausforderungen, vor denen alle Beteiligten im internationalen Geschäft heute stehen, ist das besonders wichtig“, so Krey. Baustellen hätten etwas Gutes, denn sie zeigten, dass sich etwas tut, sagte er mit Blick auf die Baustellen in Oberhof in Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften im nächsten Jahr.
Der Auftragsbestand der Thüringer Industrie sei sehr gut, versicherte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Südthüringen, Peter Traut. Allerdings werde sie durch Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel in erheblichem Maße ausgebremst, so Traut.