„Einstellung hat uns über die Saison getragen“
Interview der Woche: Farsin Hamzei, Trainer von Culture City Weimar, sieht die positiven Aspekte seiner Basketballer
Weimar. Es war das bisher erfolgreichste Spieljahr der Regionalligabasketballer von Culture City Weimar und endete trotz eines Sieges in München mit dem Playoff-aus. Die junge Mannschaft von Trainer Farsin Hamzei hatte sich als Tabellendritter der regulären Saison erstmalig für die Aufstiegsrunde qualifiziert, musste sich dem favorisierten MTSV Schwabing nur hauchdünn geschlagen geben. Nach etwas Abstand zum Saisonende trafen wir uns mit Headcoach Farsin Hamzei zur Auswertung und Bestandsaufnahme.
Das Saisonende liegt nun schon eine Weile zurück. Beschäftigt Sie dieses Saisonende trotz Abstand immer noch?
Ja. Ich glaube, dass jeder seine eigenen Wege hat, um so etwas zu verarbeiten. Da gibt es die emotionale und die sachliche Komponente. Mit einer sachliche Analyse sollte man starten. Woran hat es gelegen? Was waren die Gründe? Auf emotionaler Ebene waren es unterschiedliche Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. Das hängt trotz unseres Sieges noch ein wenig nach. Im Optimalfall sollte man eine Saison mit einem Sieg beenden. Das ist uns in diesem Fall zwar gelungen, letztendlich hat die Summe beider Spiele leider nicht gereicht.
Wie hat sich das Team und der Basketball ganz allgemein in Weimar entwickelt? Speziell unter der Last von Corona?
Da können wir ein positives Fazit ziehen. Die Pandemie hat schon ein paar Bremsspuren in der Entwicklung hinterlassen und ich bin sicher, dass wir ohne Corona schon ein paar Schritte weiter wären. Letztendlich zählen für mich in erster Linie aber die vielen positiven Aspekte. Wir haben einen sehr gefestigten und engagierten Kreis von Helfern und Unterstützern. Das ist eine enorm wichtige Basis. Zudem konnten wir unabhängig von denen sich oftmals kurzfristig ändernden Beschränkungen unsere Zuschauerzahlen kontinuierlich steigern. Auch die öffentliche Wahrnehmung, sowohl auf Social Media als auch in der Presse, hat merklich zugenommen. Natürlich ist immer mehr möglich, aber der Anfang kann als gelungen betrachtet werden und auf diesem positiven Fundament lässt sich für die Zukunft aufbauen. Das Projekt wächst organisch gut und familiär geprägt.
Sie konnten auf einen Kern Weimaer Spieler zurückgreifen, die von Doppellizenzspielern aus Jena verstärkt wurden. Welche Jungs aus den beiden Gruppen haben sich Ihrer Meinung nach am stärksten entwickelt? Zunächst kann man hinterfragen, warum ein solches Projekt durchaus viel Sinn macht. Da bietet sich die Entwicklung von Lorenz Bank als gutes Beispiel an, die verdeutlicht, welchen Einfluss viel Spielpraxis und Verantwortung auf talentierten Nachwuchs in einer solchen Mannschaft haben können. Junge Spieler bekommen bei uns viel Einsatzzeit und Verantwortung, können Fehler machen und lernen in dieser Rolle, mit Druck umzugehen. Das ist eine völlig andere Situation, als wenn Spieler in der Rotation auf Platz zehn, elf oder zwölf eines Profiteams
stehen. Rückblickend haben viele Spieler in den letzten Jahren von diesem Modell profitiert. Rafa Alberton musste erst seine Rolle finden und annehmen, bevor er seine Schwierigkeiten zu Beginn der Saison überwand und sich in den letzten Monaten gesteigert hat. Aus dem Kreis des Weimaer Kernteams hat sich Julian Foerster exzellent entwickelt. Er ist Kapitän, musste in diese Rolle aber auch erst hineinwachsen. Julian hat kontinuierlich an seinen Schwachpunkten gearbeitet und sich als wichtiger Führungsspieler etabliert. Auch Moritz Lang muss ich hier nennen, der sich gut entwickeln konnte.
Das Projekt in Weimar hatte mit Corona und seinen Begleitumständen zu kämpfen. Wie konnten Sie die Motivation
und den Fokus in der Mannschaft aufrecht erhalten?
Als Coach muss man ein gewisses Level bereits vorhandener Bereitschaft von seinen Spielern ab- und einfordern. Primär gehört es für mich dazu, dass die Spieler selbst schon über entsprechend viel Eigenmotivation verfügen und alles was drumherum passiert als zusätzlichen Anreiz mitnehmen. So haben wir als Team trotz wechselnder Rahmenbedingungen keinen Motivationsabfall gehabt. Diese Einstellung hat uns über das Spieljahr getragen, unabhängig davon, ob wir Corona-bedingt auf Zuschauer verzichten mussten. Jeder Spieler hat sich trotz individueller Ziele als Teil der Mannschaft verstanden, als Teil des Projekts gesehen und im Wettbewerb sein Bestes gegeben.
Wenn Sie die Chance hätten, noch einmal etwas zu verändern. Gäbe es Punkte und wenn ja, welche?
Ich würde bestimmte Spieler auf einer anderen Position einsetzen. Klassisch hat beispielsweise Moritz Lang bei uns auf der Vier gespielt. Um ihn auf die Drei zu stellen hat unserem Team allerdings die Größe in der Tiefe gefehlt. So standen wir oft vor der Frage, ihn auf vier oder fünf zu stellen, obwohl er sicher auf Small Forward besser aufgehoben gewesen wäre. In der Kadertiefe haben uns immer wieder ein paar Zentimeter gefehlt. Im Optimalfall nimmt Moritz die Erfahrungen der letzten Saison mit und profitiert davon im kommenden Spieljahr.
Sie waren ein starker, ebenbürtiger Gegner im Duell gegen die Polizeinationalmannschaft. Wie fanden Sie den Abend und den Rahmen zu Ermens Abschied als aktiver Spieler? Es wurde ja sehr viel diskutiert, warum wir für dieses Spiel in den metecno court ausweichen. Letztendlich bin ich davon überzeugt, dass der Rahmen nicht besser hätte gewählt sein können, unabhängig davon, dass die Arena zu diesem Termin sowieso schon belegt war. Ich schätze Ermen sehr, weil er einen Spielertyp verkörpert, der wenig Ansprüche stellt, viel von sich selber gibt, immer menschlich, respektvoll und höflich bleibt, sehr kommunikativ und bodenständig ist. Trainer mögen solche teamorientierten Jungs wie Ermen. Das hat er über Jahre in Jena entwickelt. Deshalb ist er auch so beliebt und diesen Status hat er sich auch verdient. Es war für ihn ein würdiger, familiärer und sehr schöner Abschluss als aktiver Spieler. Ein großer Dank geht an dieser Stelle von mir noch einmal an die Geschäftsstelle für die Vorbereitung. Es war wirklich gut organisiert mit und in einer sehr schönen Atmosphäre. Auch die sportliche Komponente des Abends hat sehr gut gepasst. Das Spiel war spannend und bis in die Schlussphase umkämpft. Wir haben gut dagegengehalten, ein neues Konzept ausprobiert und das ausgerechnet Ermen für die entscheidenden Aktionen in den letzten Minuten sorgen konnte, war letztlich abgesprochen. (lacht)
Die nächste Saison startet für das Team im Oktober?
Ja, wir starten zunächst am 1. Oktober mit einem Auswärtsspiel in Bamberg, bevor am 3. Oktober gegen Regnitztal das erste Heimspiel in Weimar stattfinden wird.