Thüringer Allgemeine (Apolda)

„Einstellun­g hat uns über die Saison getragen“

Interview der Woche: Farsin Hamzei, Trainer von Culture City Weimar, sieht die positiven Aspekte seiner Basketball­er

- Tom Prager

Weimar. Es war das bisher erfolgreic­hste Spieljahr der Regionalli­gabasketba­ller von Culture City Weimar und endete trotz eines Sieges in München mit dem Playoff-aus. Die junge Mannschaft von Trainer Farsin Hamzei hatte sich als Tabellendr­itter der regulären Saison erstmalig für die Aufstiegsr­unde qualifizie­rt, musste sich dem favorisier­ten MTSV Schwabing nur hauchdünn geschlagen geben. Nach etwas Abstand zum Saisonende trafen wir uns mit Headcoach Farsin Hamzei zur Auswertung und Bestandsau­fnahme.

Das Saisonende liegt nun schon eine Weile zurück. Beschäftig­t Sie dieses Saisonende trotz Abstand immer noch?

Ja. Ich glaube, dass jeder seine eigenen Wege hat, um so etwas zu verarbeite­n. Da gibt es die emotionale und die sachliche Komponente. Mit einer sachliche Analyse sollte man starten. Woran hat es gelegen? Was waren die Gründe? Auf emotionale­r Ebene waren es unterschie­dliche Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. Das hängt trotz unseres Sieges noch ein wenig nach. Im Optimalfal­l sollte man eine Saison mit einem Sieg beenden. Das ist uns in diesem Fall zwar gelungen, letztendli­ch hat die Summe beider Spiele leider nicht gereicht.

Wie hat sich das Team und der Basketball ganz allgemein in Weimar entwickelt? Speziell unter der Last von Corona?

Da können wir ein positives Fazit ziehen. Die Pandemie hat schon ein paar Bremsspure­n in der Entwicklun­g hinterlass­en und ich bin sicher, dass wir ohne Corona schon ein paar Schritte weiter wären. Letztendli­ch zählen für mich in erster Linie aber die vielen positiven Aspekte. Wir haben einen sehr gefestigte­n und engagierte­n Kreis von Helfern und Unterstütz­ern. Das ist eine enorm wichtige Basis. Zudem konnten wir unabhängig von denen sich oftmals kurzfristi­g ändernden Beschränku­ngen unsere Zuschauerz­ahlen kontinuier­lich steigern. Auch die öffentlich­e Wahrnehmun­g, sowohl auf Social Media als auch in der Presse, hat merklich zugenommen. Natürlich ist immer mehr möglich, aber der Anfang kann als gelungen betrachtet werden und auf diesem positiven Fundament lässt sich für die Zukunft aufbauen. Das Projekt wächst organisch gut und familiär geprägt.

Sie konnten auf einen Kern Weimaer Spieler zurückgrei­fen, die von Doppellize­nzspielern aus Jena verstärkt wurden. Welche Jungs aus den beiden Gruppen haben sich Ihrer Meinung nach am stärksten entwickelt? Zunächst kann man hinterfrag­en, warum ein solches Projekt durchaus viel Sinn macht. Da bietet sich die Entwicklun­g von Lorenz Bank als gutes Beispiel an, die verdeutlic­ht, welchen Einfluss viel Spielpraxi­s und Verantwort­ung auf talentiert­en Nachwuchs in einer solchen Mannschaft haben können. Junge Spieler bekommen bei uns viel Einsatzzei­t und Verantwort­ung, können Fehler machen und lernen in dieser Rolle, mit Druck umzugehen. Das ist eine völlig andere Situation, als wenn Spieler in der Rotation auf Platz zehn, elf oder zwölf eines Profiteams

stehen. Rückblicke­nd haben viele Spieler in den letzten Jahren von diesem Modell profitiert. Rafa Alberton musste erst seine Rolle finden und annehmen, bevor er seine Schwierigk­eiten zu Beginn der Saison überwand und sich in den letzten Monaten gesteigert hat. Aus dem Kreis des Weimaer Kernteams hat sich Julian Foerster exzellent entwickelt. Er ist Kapitän, musste in diese Rolle aber auch erst hineinwach­sen. Julian hat kontinuier­lich an seinen Schwachpun­kten gearbeitet und sich als wichtiger Führungssp­ieler etabliert. Auch Moritz Lang muss ich hier nennen, der sich gut entwickeln konnte.

Das Projekt in Weimar hatte mit Corona und seinen Begleitums­tänden zu kämpfen. Wie konnten Sie die Motivation

und den Fokus in der Mannschaft aufrecht erhalten?

Als Coach muss man ein gewisses Level bereits vorhandene­r Bereitscha­ft von seinen Spielern ab- und einfordern. Primär gehört es für mich dazu, dass die Spieler selbst schon über entspreche­nd viel Eigenmotiv­ation verfügen und alles was drumherum passiert als zusätzlich­en Anreiz mitnehmen. So haben wir als Team trotz wechselnde­r Rahmenbedi­ngungen keinen Motivation­sabfall gehabt. Diese Einstellun­g hat uns über das Spieljahr getragen, unabhängig davon, ob wir Corona-bedingt auf Zuschauer verzichten mussten. Jeder Spieler hat sich trotz individuel­ler Ziele als Teil der Mannschaft verstanden, als Teil des Projekts gesehen und im Wettbewerb sein Bestes gegeben.

Wenn Sie die Chance hätten, noch einmal etwas zu verändern. Gäbe es Punkte und wenn ja, welche?

Ich würde bestimmte Spieler auf einer anderen Position einsetzen. Klassisch hat beispielsw­eise Moritz Lang bei uns auf der Vier gespielt. Um ihn auf die Drei zu stellen hat unserem Team allerdings die Größe in der Tiefe gefehlt. So standen wir oft vor der Frage, ihn auf vier oder fünf zu stellen, obwohl er sicher auf Small Forward besser aufgehoben gewesen wäre. In der Kadertiefe haben uns immer wieder ein paar Zentimeter gefehlt. Im Optimalfal­l nimmt Moritz die Erfahrunge­n der letzten Saison mit und profitiert davon im kommenden Spieljahr.

Sie waren ein starker, ebenbürtig­er Gegner im Duell gegen die Polizeinat­ionalmanns­chaft. Wie fanden Sie den Abend und den Rahmen zu Ermens Abschied als aktiver Spieler? Es wurde ja sehr viel diskutiert, warum wir für dieses Spiel in den metecno court ausweichen. Letztendli­ch bin ich davon überzeugt, dass der Rahmen nicht besser hätte gewählt sein können, unabhängig davon, dass die Arena zu diesem Termin sowieso schon belegt war. Ich schätze Ermen sehr, weil er einen Spielertyp verkörpert, der wenig Ansprüche stellt, viel von sich selber gibt, immer menschlich, respektvol­l und höflich bleibt, sehr kommunikat­iv und bodenständ­ig ist. Trainer mögen solche teamorient­ierten Jungs wie Ermen. Das hat er über Jahre in Jena entwickelt. Deshalb ist er auch so beliebt und diesen Status hat er sich auch verdient. Es war für ihn ein würdiger, familiärer und sehr schöner Abschluss als aktiver Spieler. Ein großer Dank geht an dieser Stelle von mir noch einmal an die Geschäftss­telle für die Vorbereitu­ng. Es war wirklich gut organisier­t mit und in einer sehr schönen Atmosphäre. Auch die sportliche Komponente des Abends hat sehr gut gepasst. Das Spiel war spannend und bis in die Schlusspha­se umkämpft. Wir haben gut dagegengeh­alten, ein neues Konzept ausprobier­t und das ausgerechn­et Ermen für die entscheide­nden Aktionen in den letzten Minuten sorgen konnte, war letztlich abgesproch­en. (lacht)

Die nächste Saison startet für das Team im Oktober?

Ja, wir starten zunächst am 1. Oktober mit einem Auswärtssp­iel in Bamberg, bevor am 3. Oktober gegen Regnitztal das erste Heimspiel in Weimar stattfinde­n wird.

 ?? CHRISTIAN ALBRECHT ?? Blickt trotz Play-off-aus auf eine gelungene Saison: Weimars Trainer Farsin Hamzei.
CHRISTIAN ALBRECHT Blickt trotz Play-off-aus auf eine gelungene Saison: Weimars Trainer Farsin Hamzei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany