Camper beschimpfen Drosten als „Massenmörder“
Berliner Virologe bricht seinen Urlaub an der Mecklenburgischen Seenplatte ab und ruft die Polizei
Berlin. Beleidigungen, Attacken und Drohungen: Christian Drosten, Deutschlands wohl bekanntester Wissenschaftler, muss sich seit Beginn der Pandemie vor fast zweieinhalb Jahren einiges gefallen lassen. So erklärte er schon im Mai 2020 gegenüber dem „Spiegel“, dass Hassnachrichten für ihn inzwischen zum Alltag gehörten. Ständig erhalte er „völlig irre Texte“, manche Schreiberlinge seien einfach nur bemitleidenswert, andere hoch narzisstisch und manipulativ.
Nun haben die Anfeindungen sogar seine Ferien auf einem Campingplatz südlich der Müritz im Landkreis Mecklenburgische
Seenplatte vollkommen verdorben. Der Virologe wurde so heftig beschimpft, dass er die Polizei rief und schließlich abreiste.
Dabei wollte Drosten nur ein paar Tage mit seiner Familie in schöner Natur verbringen, und so reiste er an den Ellbogensee, südlich der Müritz an der Grenze zu Brandenburg. Mehreren Dauercampern war das wohl ein Dorn im Auge: Zwei Frauen und ein Mann, so heißt es auf der Homepage „Wir sind Müritzer“, beschimpften den Virologen der Charité immer wieder und ließen sich von ihm nicht beruhigen. Laut Portal bezeichneten sie Drosten unter anderem als „Massenmörder“und „Transhumanisten“.
Sie warfen ihm vor, „Kinder auf dem Gewissen zu haben“. Drosten habe sich schließlich, so bestätigte eine Polizeisprecherin den Bericht, nicht mehr zu helfen gewusst, rief die Polizei, erstattete Anzeige wegen Verleumdung und reiste ab. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren ein.
Erst vor wenigen Tagen hatte Christian Drosten in einem weiteren „Spiegel“-interview zugegeben, wie sehr ihn das negative Feedback belastet habe.
„Zu Beginn der Pandemie habe ich mich sehr bewusst dafür entschieden, mich öffentlich zu engagieren, weil ich fand, dass ich so am meisten für die Gesellschaft tun konnte“, sagte er. Doch die Stim- mungsmache gegen ihn von einer lauten Minderheit, die Versuche von „bestimmten Kreisen“, syste- matisch die öffentliche und politi- sche Meinung in eine Richtung zu drehen, „das hat mich sehr scho- ckiert“. Noch einmal, resümiert er, würde er sich das nicht antun.
Tatsächlich trat Drosten in letzter Zeit nur noch selten in der Öffent- lichkeit auf und zog sich aus dem Corona-sachverständigenausschuss der Bundesregierung zu- rück. Zuvor war seine Unabhängigkeit als einer der wichtigsten Coro- na-berater der Regierung infrage ge- stellt worden. Sein Nachfolger ist der Virologe Klaus Stöhr.