So soll der Elektro-durchbruch gelingen
Ab 2035 müssen Neuwagen Co2-neutral sein. Was aber ist mit Lkw und Bussen? Dort nimmt die E-mobilität nun Fahrt auf
Berlin. Es war ein zähes Ringen: 16 Stunden lang stritten die Umweltministerinnen und -minister der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis tief in die Nacht. Am Ende stand ein Kompromiss: Neue Pkw müssen in der EU ab 2035 klimaneutral sein. Für den herkömmlichen Diesel- oder Benzinmotor bedeutet die Einigung wohl das finale Aus. Gänzlich am Ende wäre der Verbrennungsmotor aber womöglich noch nicht: Sogenannte E-fuels, also synthetische Kraftstoffe, könnten auch in Zukunft noch getankt werden. Hier stehen Verhandlungen mit dem Eu-parlament noch aus.
Unabhängig davon, wie die Entscheidung zu den E-fuels ausfällt, steht fest, dass der Fokus auf der Elektromobilität liegen wird. Zuletzt war rund jedes siebte neu zugelassene Auto in Deutschland ein Stromer, jedes neunte neu zugelassene Auto war ein Plug-inhybrid. Allerdings sind Pkw und Motorräder lediglich für 62 Prozent der Emissionen im Straßenverkehr in der EU verantwortlich. Mehr als ein Drittel aller Emissionen entfällt auf die Nutzfahrzeuge, also beispielsweise Busse und Lkw. Und dort dominiert nach wie vor der Dieselmotor.
Rund 3,5 Millionen Lkw sind derzeit auf Deutschlands Straßen unterwegs, 3,3 Millionen von ihnen fahren mit einem Dieselantrieb, circa 155.000 sind Benziner. Gerade einmal rund zwei Prozent der Flotte fahren heute schon mit alternativen Antrieben. Weil sich das Frachtaufkommen erhöht, steigen die Emissionen trotz besserer Technik in Summe seit Jahren. Noch setzt sich die Elektromobilität nicht durch. Die Reichweiten sind noch gering, die Laster benötigen teils bis zu sechs der schweren Batterien.
Doch es tut sich was. Am Mittwoch kündigte der Lkw- und Busbauer MAN den Bau einer neuen Batteriefabrik in Nürnberg an. 100 Millionen Euro wird sich MAN den Bau kosten lasten, 350 Arbeitsplätze sollen so gesichert werden. Schon im kommenden Jahr soll die Batterieproduktion starten. Ab 2025 sollen dann 15.000 Batterien in Großserie produziert werden, bis 2030 doppelt so viele. Auch das Reichweitenproblem könnte bald der Vergangenheit angehören: „Die mit den ersten in Nürnberg produzierten Batterien ausgestatteten Lkw werden eine Reichweite von 600 bis 800 Kilometer haben“, sagte MAN-CHEF Alexander Vlaskamp im Gespräch mit unserer Redaktion. Ab 2026 werde die Reichweite auf über 1000 Kilometer steigen.
Nach turbulenten Jahren mit Stellenabbau, Werksverkäufen und dem Austausch der Führungsmannschaft soll Vlaskamp MAN mit der Elektromobilität auf Erfolgskurs bringen. Es ist kein einfaches Vorhaben, denn Lkw-käufer kalkulieren in der Regel sehr rational. „In der Anschaffung ist ein Elektro-lkw derzeit drei- bis viermal so teuer wie ein vergleichbares Dieselfahrzeug“, sagt Vlaskamp.
Aber schon in drei, vier Jahren könnten sich die Preise angleichen, rechnet der MAN-CHEF vor. Denn ab 2025 muss auch der Transportsektor seinen Co2-ausstoß zwingend senken, so sieht es die europäische Gesetzgebung vor.
Dass sich die Elektrobatterie bei den Nutzfahrzeugen durchsetzt, ist nicht sicher. Auch die Wasserstoffzelle ist ein Anwärter für den klimaneutralen Verkehr. In dieser Woche stellte Marktführer Daimler Truck Pläne für einen mit Wasserstoff angetriebenen Test-lkw vor, der eine Reichweite von 1000 Kilometern haben soll. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet allerdings damit, dass die Batterie früher den Durchbruch schaffen wird. Das Wasserstofftankstellennetz sei noch nicht stark ausgebaut, sagte Dudenhöffer unserer Redaktion. Aber schaffen sich die Spediteure schon bald neue Maschinen an, wenn nun eine Rezession droht? Noch merke man in den Geschäften davon nichts, meint Vlaskamp. Im Gegenteil. Die Lkw für dieses Jahr seien ausverkauft, trotz steigender Preise. Dem Klima hilft das bedingt. Denn noch werden fast ausschließlich Diesel-fahrzeuge verkauft.