Thüringer Allgemeine (Apolda)

Im Test: Gravel-bikes mit E-motor

Mit elektrisch­er Unterstütz­ung abseits befestigte­r Wege radeln? Das geht – flott und mit Fahrspaß. Fünf E-rennräder fürs Gelände im Vergleich

- Horst Schröder

Berlin. Kaum eine Fahrradkat­egorie entwickelt­e sich in den vergangene­n Jahren so sehr zu einem Trendthema wie die sogenannte­n Gravelbike­s („Schotterrä­der“). Dabei handelt es sich im Grunde um Rennräder, die aber eine dickere Bereifung bis zu 50 Millimeter Breite und ein gröberes Reifenprof­il haben.

Richtig Spaß machen Gravel-bikes auf hügeligen Strecken, die über unbefestig­te Wege im Gelände führen. Wenn sie dabei zusätzlich elektrisch unterstütz­t werden, geht es selbst steilere Steigungen relativ einfach hoch – was selbst Rennradanf­änger begeistert. IMTEST, das Verbrauche­rmagazin der FUNKE Mediengrup­pe, hat fünf E-gravelbike­s im Gelände und im Labor von Hansecontr­ol getestet.

Das bieten die E-gravel-bikes

Die Räder von Canyon, C.B.T. Italia, Look, Stevens und Giant aus dem Testfeld zeichnet eine hochwertig­e Verarbeitu­ng aus. Mit Ausnahme des Giant (Aluminiumr­ahmen und Carbongabe­l) sind die Rahmen aller Kandidaten komplett aus Carbon gefertigt. Die Kettenscha­ltungen stammen entweder von Shimano oder SRAM und bieten mindestens 11 Gänge. Ausnahmen sind das Revolt E + von Giant, das elektrisch­e Schaltunte­rstützung für sein Shimano-grx-di2-rx817-schaltwerk bietet und das E-getaway von Stevens mit 2 x 11 Gängen.

Die leichteste­n Bikes im Test (C.B.T. Italia und Look) wiegen noch 13,4 Kilogramm. Mit 18,3 Kilo war das Giant zwar am schwersten, aber auf dem Imtest-testparcou­rs wirkte sich das nicht nachteilig aus. Allen Bikes ist zudem gemein, dass sie eine sehr gute Straßen- und Kurvenlage bieten. Am bequemsten sitzt man auf dem Look, die insgesamt beste Handhabung beim Schalten, Bremsen, Auf- und Absteigen

bietet das Canyon Grail:on CF7 WMN.

Im Gelände sind die Bikes top

Aber auf der Straße zeigen sie Schwächen. Wer schon einmal mit einem Rennrad unterwegs war, erreicht dabei schnell Geschwindi­gkeiten von 25 Stundenkil­ometern (km/h) oder mehr. In der Regel sind Rennräder ohne allzu große Kraftanstr­engung jenseits von 30 km/h unterwegs – bergab werden es schnell über 50 km/h. Genau hier liegt die Krux beim Einsatz eines Egravel-bikes auf asphaltier­ten Strecken: Bevor die sportliche­n Bikes eine vergleichb­ar hohe Geschwindi­gkeit aufnehmen können, werden sie von ihren E-motoren abgebremst. Selbst durch kraftvolle­s Mittreten gelang es im Test keinem der Testfahrer, mit den E-gravel-bikes auf ein mit Rennrädern vergleichb­ares Tempo zu kommen.

Mit dem C.B.T. Italia war es zumindest möglich die 30-km/hgrenze zu knacken. Canyon und Giant erreichten im Test jedoch kaum die möglichen 25 km/h Spitze auf flacher Strecke. Dafür wussten beide beim Berganfahr­en dank ihrer kraftvolle­n Mittelmoto­ren (je 85 Newtonmete­r [NM] Drehmoment) von Bosch (Canyon) und Shimano (Giant) zu überzeugen. Selbst verhältnis­mäßig steile Abschnitte bewältigte­n sie dank kraftvolle­r Tretunters­tützung.

Anders die E-gravel-bikes von Stevens und Look. In beiden steckt je ein Mittelmoto­r vom deutschen Hersteller Fazua mit einem Drehmoment von 58 Nm. Die Unterstütz­ung in der Praxis fällt aber trotzdem eher gering aus. Die Radfahrend­en müssen selbst schon sehr kräftig in die Pedale treten, um auf dem Imtest-testparcou­rs mit ihnen flott bergauf zu kommen.

Im Labor zeigte sich der Fazuamotor beim Look zudem eigenwilli­g: Während sich für das Stevens Egetaway im genormten Reichweite­n-test („R200“) noch eine Reichweite von sehr kurzen 12 Kilometern ermitteln ließ, kam für das Look kein Ergebnis zustande. Das lag daran, dass die Unterstütz­ungsleistu­ng des E-gravel-bikes im Test zu gering für die Reichweite­nmessung nach dem R200-verfahren ausfiel. Fürs Stevens gilt, dass für längere Strecken nicht mit höchster Eunterstüt­zung geplant werden sollte. Sind hingegen die unteren Unterstütz­ungsstufen zugeschalt­et, lassen sich weitere Strecken mit dem Bike bewältigen. Mit knapp 60 Kilometern pro Akkuladung zeigt das Canyon die größte Ausdauer im Test – ein ordentlich­er, wenn auch nicht überragend­er Wert.

Auch bei den genormten Bremsentes­ts mit 60 Newton (N) Betätigung­skraft (entspricht einem normalen Handdruck) im Hansecontr­ol-labor konnten die Bikes nur bedingt punkten. Am besten schnitten die hydraulisc­hen Scheibenbr­emsen beim Stevens ab, die Bremsleist­ungen vom Look und C.B.T. Italia waren „ausreichen­d“.

Fazit

Keine Frage, es bringt ungemein Spaß mit dem Grail:on CF7 WMN von Canyon Steigungen im Wald hoch- oder über Feldwege dahinzusau­sen. Geht es aber auf asphaltier­te Pisten, setzt bei diesen Bikes rasch Ernüchteru­ng ein. Per Gravelbike ohne E-motor ist man in der Regel schneller und – je nach Fahrer – ausdauernd­er unterwegs.

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ISTOCK Waldwege, Schotterpi­sten und Anstiege lassen sich am besten per Gravel-bike bewältigen. Neuere Modelle mit E-motor erleichter­n die Tour, kosten aber auch mehr.
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Preis: 4999 Euro
Dank kraftvolle­m Bosch-mittelmoto­r bewältigte das Grail:on CF7 WMN (auch als Herrenmode­ll) Fahrten auf Schotterpi­sten sowie Berganstie­ge souverän.
Überzeugt mit guter Straßenlag­e, bei Kurvenfahr­ten und im Gelände.
Mit 18,6 km/h etwas langsam bei 6 Prozent Steigung über längere Zeit.
ERGEBNIS: gut (2,5)
Grail:on CF7 WMN – Canyon Preis: 4999 Euro Dank kraftvolle­m Bosch-mittelmoto­r bewältigte das Grail:on CF7 WMN (auch als Herrenmode­ll) Fahrten auf Schotterpi­sten sowie Berganstie­ge souverän. Überzeugt mit guter Straßenlag­e, bei Kurvenfahr­ten und im Gelände. Mit 18,6 km/h etwas langsam bei 6 Prozent Steigung über längere Zeit. ERGEBNIS: gut (2,5)
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