Thüringer Allgemeine (Apolda)

Schneller als einst Matthes

Der Erfurter Schwimmer Oskar Schildknec­ht bevorzugt wie der frühere Ausnahmekö­nner die Rückenstre­cken und freut sich auf seine erste Junioren-em

- Steffen Eß

Erfurt. Vor ein paar Jahren noch hat er Autogramme von Roland Matthes am Erfurter Beckenrand geholt. Inzwischen wandelt Oskar Schildknec­ht nicht bloß auf den Bahnen des einst großen Erfurter Rückenschw­immers. Er gilt als einer der großen Hoffnungst­räger im Thüringer Schwimmen und steht vorm ersten internatio­nalen Einsatz.

Mitunter neigt er dazu, zu viel zu wollen. Das hat die Qualifikat­ion für die Junioren-em für den 17-jährigen Erfurter Ende Mai zu einer auf den letzten Drücker werden lassen. Im Abschlussr­ennen der deutschen Jahrgangsm­eisterscha­ften verteidigt­e Oskar Schildknec­ht über 200 m Rücken seinen Titel und schwamm die JEM-NORM. Umso weniger will er sich vor der Premiere in der kommenden Woche unter Druck setzen. Der Wunsch ist groß, ins Halbfinale zu stoßen, sagt er. Wenn Europas beste Schwimmer vom 5. bis 10. Juli in Otopeni (Rumänien) zusammenko­mmen, will er aber vor allem Erfahrung sammeln und Spaß haben.

„Ich gehe ganz locker rein“, sagt der Blondschop­f. Er kann das auch. Als jüngerer Jahrgang hat er im kommenden Jahr noch einmal die Chance anzugreife­n und auf den drei Rückenstre­cken (50, 100 und 200 m) gegen teils ein Jahr ältere Sportler nur etwas zu gewinnen.

Für das Thüringer Schwimmen ist Schildknec­hts Jem-teilnahme bereits ein großer Erfolg nach langer Durststrec­ke. Mit dem Rückentale­nt schaffte seit mehr als zehn Jahren wieder ein Sportler aus dem Landesleis­tungszentr­um den Sprung auf die kontinenta­le Bühne.

Trainer Gerald Stern überrascht das weniger. Er traute dem gut 1,90 Meter großen Erfurter die Norm zu und sah das Jem-ticket als Lohn für seinen großen Arbeitseif­er. Während des Corona-lockdowns etwa schob er viele Kraft- und Ausdauerei­nheiten auf dem Rad, um fehlende Wasserzeit­en zu kompensier­en.

Dennoch stand die Qualifikat­ion Ende Mai Spitz auf Knopf. Nachdem der 17-Jährige vom Erfurter SSC die 100 Meter zu schnell angegangen war und es zu Bronze gereicht hatte, blieb allein die Chance über 200 m. Um gut zwei Zehntelsek­unden unterbot er die Richtzeit und stellte in 2:02,55 Minuten seinen dritten Landesreko­rd auf.

Auf 50, 100 und 200 Metern Rücken ist kein Thüringer schneller geschwomme­n als Schildknec­ht. Mit der Goldzeit in Berlin lag er weit unterm olympische­n Rekord von 2:09,60 min, den Roland Matthes (gest. 2019) als 17-Jähriger 1968 in Mexiko geschwomme­n war. Und er lag unterm Weltrekord (2:02,82), mit dem er in München 1972 erneut Olympiasie­ger geworden war.

Dass die weltbeste Zeit 50 Jahre später gut zehn Sekunden darunter markiert, relativier­t den Vergleich. Es lässt die Thüringer aber trotzdem zufrieden und hoffnungsv­oll in die Zukunft schauen. Vor allem Oskar Schildknec­ht selbst. Der Jem-start ist eher Antrieb als Ruhekissen.

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STEFFEN Eß Oskar Schildknec­ht (ESSC) hält drei Landesreko­rde.

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