Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Staatsanwaltschaft: Organisierter Überfall in Ballstädt
Beim Prozess am Erfurter Landgericht müssen drei Angeklagte nach dem ersten Plädoyer mit einer Haftstrafe ohne Bewährung rechnen
Erfurt.
Die oft zur Schau gestellte Fröhlichkeit ist gestern bei einigen Angeklagten am 40. Verhandlungstag im Ballstädt-Prozess verschwunden. Wegen des Überfalls auf eine Kirmesgesellschaft in der Gemeinde im Landkreis Gotha müssen sich zumindest drei Männer auf eine Haft einstellen.
Das forderte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer – die Spanne reicht von vier bis zu anderthalb Jahren Freiheitsentzug. Neun weiteren Angeklagten, die ebenfalls der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, drohen Bewährungsstrafen, darunter ist auch die einzige Frau. Bei drei Männern, so die Staatsanwaltschaft, seien die Indizien für den Nachweis einer Beteiligung nicht ausreichend. Sie werden im Mammut-Prozess, der seit Dezember 2015 dauert, wohl freigesprochen. Den anderen Mitangeklagten wird schwerer Hausfriedensbruch und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft sieht bei drei Angeklagten ein Motiv, „die anderen 9 Leute hätten“im Februar 2014 „den Krieg mitgeführt“. Zwar konnte durch die Einlassung der Angeklagten, die Vernehmung von Zeugen und der Opfer, keiner der vermummt in den Gemeindesaal eingedrungenen mutmaßlichen Angeklagten direkt überführt werden. Doch „in der Gesamtschau“mit Nutzung von Ermittlungs-Daten, Blitzerfotos oder der DNA-Auswertung am Tatort hätte sich laut Staatsanwaltschaft bei mehreren Personen eine deutliche Tat-Beteiligung ergeben.
Die Anklagevertretung begründete ihr gefordertes Strafmaß mit dem planvollen, brutalen Vorgehen gegen eine friedlich feiernde Kirmesgesellschaft. Eine „aufgebrachte Truppe“, die sich im Laufe des Abends noch verstärkt habe, hätte einen „geplanten Angriff“nach einer angeblich eingeworfenen Fensterscheibe durchgeführt. „Zehn Leute wurden als Reaktion darauf teilweise schwer verletzt“, so Oberstaatsanwalt Rainer Kästner-Hengst, der von einem „organisierten Überfall“sprach, teilweise mit „gefährlichem Werkzeug.“
Und er sagte in seinem Plädoyer auch, dass aus seiner Sicht das Vorgehen der Angeklagten als „rechtsstaatfeindlich und rechtsstaatbedrohend“einzustufen wäre. Der Verfassungsschutz, so Kästner-Hengst in seinem eindringlichen Appell, „ist eingeladen, die ganze Truppe im Auge zu behalten“, die Strukturen würden „einen mit Sorge erfüllen“. Einige der Angeklagten wohnen immer noch im Ort Ballstädt.
Die Fortsetzung der Plädoyers ist für den 26. April vorgesehen, die Urteilsverkündung vorerst für den 10. Mai geplant.
Aufforderung an den Verfassungsschutz