Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Die große Party blieb noch aus
Das 4:1 über Großaspach verarbeiteten Spieler und Verantwortliche des FC Rot-Weiß unterschiedlich. Fokus auf Donnerstag
Erfurt.
Als in den Katakomben fleißig Gerstensaftgetränke herumgereicht wurden, suchten René Twardzik und Ronny Hebestreit die Ruhe im Stadion. Bestückt mit einer Zigarre, einem Glas Bier und Stühlen machten sich Torwart- und CoTrainer auf in Richtung Mittelkreis, wo sie den Klassenerhalt in aller möglichen Stille feierten.
Unter den Spielern wie Verantwortlichen versuchte jeder auf seine Art, die vorangegangenen 90 Minuten zu verarbeiten. Manche wirkten im Kopf leer und ausgelaugt; andere gaben die Partykanone. Mittendrin die langjährigen Mitarbeiter, denen ein Stein vom Herzen fiel. Sie fielen sich um den Hals, verdrückten so manche Träne und wirkten befreit.
Befreit von der Verunsicherung sportlicher wie beruflicher Natur, drückten sie die Spieler, die den Klassenerhalt beim 4:1Sieg über die SG Großaspach perfekt gemacht hatten.
Unter ihnen Christopher Bieber, der mit dem 4:1 per Kopf die Entscheidung herbeibrachte (77.). Als der Schlusspfiff ertönte und sich das Stadion im kollektiven Jubel befand, wurden nicht nur flugs die T-Shirts mit der Aufschrift „Gemeinsam Eins! 10 Jahre 3. Liga“übergestreift. Bieber kam der Aufforderung der Fans, auf den Zaun zu klettern, gerne nach und stimmte gemeinsam die Feierlichkeiten an.
Der hochgewachsene Stürmer verkörperte nicht nur an diesem Samstagnachmittag eine Erfurter Saison mit einigen Tiefs und Hochs und einem glücklichen Ende für alle Beteiligten. Glücksgefühle nach dem golde- nen Tor gegen Magdeburg, eine gefühlte Ewigkeit als Reservist, das drehbuchreife Ende mit zwei wichtigen Treffern in Rostock (2:1) und gegen Großaspach, dank denen der FC RotWeiß die Klasse hält. „Wir sind überglücklich und schauen nun auf Donnerstag“, blickte Bieber auf das Pokalfinale voraus. Kapitän Mario Erb, der beim Handelfmetertor zum 2:0 Verantwortung übernahm (34.), wirkte ebenfalls gefasst. „Uns allen fällt ein Stein vom Herzen. Das ein oder andere Bierchen ist jetzt erlaubt, aber es wird sich sicher keiner abschießen.“ Als vorletzter Spieler und weit nach Abpfiff fand Okan Aydin den Weg in den Innenraum. Zwei Tore hatte der gegen Ende der Saison aufblühende Mittelfelddribbler nach Vorlagen von Carsten Kammlott und Theodor Bergmann (10./63.) erzielt und damit nicht nur seinen Klub in Führung gebracht, sondern nach dem Anschluss durch Daniel Hägele (38.) ein langes Zittern erspart. Eine Gänsehaut hätten er und Nebenmann Daniel Brückner bei der Ansprache der Anhänger vor der Partie gehabt; im Spiel wich diese der Freude. „Es hat Spaß gemacht. Es war von der ganzen Mannschaft eine gute Leistung“, befand der Doppeltorschütze, der sich noch nicht so recht zu seiner Zukunft äußern wollte.
Der Vertrag läuft wie bei einigen anderen Akteuren aus; beide Szenarien – Abschied oder Bleiben – scheinen möglich. Ob er in der nächsten Saison weiter für Erfurt aufläuft? „Ich weiß es nicht. Ich habe gesagt, dass ich mich wohlfühle. Wir schauen, was die Tage so mit sich bringen. Ich bin nicht umsonst schon drei Jahre hier. Wenn es nicht passen würde, wäre ich schon weg“, befand er, verschwand daraufhin in der Umkleidekabine und kehrte schnell zurück – im Gegensatz zu den meisten Kollegen aber mit einer Cola-Flasche.
Aydin: „Wir schauen, was die Tage mit sich bringen“
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