Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Gudrun Haubold gibt heute den Staffelsta­b weiter

Marienapot­heke wechselt die Besitzerin. Suche nach einer Nachfolger­in erwies sich zum Glück nicht als Problem

- Von Britt Mandler

Arnstadt.

Wehmütig schweift der Blick von Gudrun Haubold durch die Marienapot­heke. Unzählige Stunden verbrachte sie seit 1993 in diesem, in ihrem Geschäft. Doch nun sei es an der Zeit, etwas kürzer zu treten, sagt die 61-Jährige resolut. Heute, am Ende des Arbeitstag­s, wird sie den Staffelsta­b weitergebe­n an Sandra Köhler.

Eine große Rede wird Gudrun Haubold wohl nicht halten zum Abschied. „Das geht mir zu nahe“, sagt sie und zückt lächelnd das Taschentuc­h.

Dass sie diese Apotheke mit Herzblut geführt hat, daran besteht kein Zweifel. Sie habe es nie bereut, sich für das Studium der Pharmazie entschiede­n zu haben, sagt die gebürtige Arnstädter­in. An der Universitä­t verschwend­ete sie allerdings noch keinen Gedanken an die Selbststän­digkeit. Zu DDR-Zeiten war das Apothekenw­esen schlichtwe­g anders organisier­t.

1993 war es aber so weit. Sie eröffnete im Westvierte­l die Marienapot­heke. Namensgebe­rin war die nahe Marienhöhe. Und das Logo der Apotheke ziert die Marienstat­ue, die in der Liebfrauen­kirche steht. Auch das ist kein Zufall: Gudrun Haubolds Schwiegerv­ater war hier einst als Pfarrer angestellt.

Die Arnstädter­in freut, dass der Vermieter den gesamten Komplex nach ihrem Vorbild Marienpass­age genannt hat. Damals, gibt sie zu, hatte sie durchaus ein wenig Bauchweh, ob das mit der Selbststän­digkeit funktionie­ren würde.

Doch die Zweifel verflogen bald. Sie ist selbst ein Kind des Westvierte­ls, kennt Hinz und Kunz. Bald schon hatte sie eine treue Stammkunds­chaft. Ein wenig geht es in der Apotheke zu wie im Taubenschl­ag. Immer wieder läutet die Türglocke, viele der Patienten kennt die Apothekenc­hefin mit Namen.

Dieser enge Kontakt zum Menschen habe ihr im Berufsallt­ag immer viel Spaß gemacht. Aber eine Apotheke zu führen – dazu gehört freilich einiges mehr. Hinter den Kulissen werden Salben, Cremes und Emulsionen angerührt. Auch das klassische Pillendreh­en gibt es noch. Dokumentat­ionen müssen an- gefertigt werden, Rezepte abgegliche­n, damit niemand aus Versehen mit einem falschen Medikament­en nach Hause geht. Auch das Lager muss akribisch geführt werden. 3800 verschiede­ne Artikel sind vorrätig. Bestellt werden kann aus bis zu 350 000 Großhandel­sartikeln, sagt sie.

So sehr manche Apothekert­ätigkeiten an früher erinnern – das Berufsbild hat sich doch deutlich gewandelt. Computer hielten Einzug. Rezepte mit unleserlic­her Doktorensc­hrift gehen kaum mehr ein, sagt Gudrun Haubold schmunzeln­d.

Einfach den Laden zuschließe­n und in Rente gehen – das war für sie übrigens nie eine Option. Zum Glück sei die Nachfolger­suche aber nicht schwer gewesen. Sie kennt die Chefin der Arnsberg-Apotheke noch aus Studienzei­ten. Und sie wiederum brachte ihre Tochter Sandra Köhler ins Gespräch.

Was Apotheken betrifft, bringt sie auch schon viel Erfahrung mit. Nach dem Studium leitete sie lange eine Filiale in Ilmenau, stand in der Arnsberg-Apotheke hinter dem Tresen, schnuppert­e auch einmal fremde Luft in Wiesbaden. Nun, nach über zehn Berufsjahr­en, sei es aber Zeit für etwas Eigenes, findet die 34-Jährige.

In der Marienapot­heke arbeitet sie bereits seit Mai, so dass sie ein ihr bereits vertrautes Team übernehmen wird.

Gudrun Haubold geht heute wehmütig, aber auch froh nach Hause. Vieles sei in den letzten Jahren liegen geblieben. Darum will sie sich kümmern und um die Familie. Und endlich das tun, was sie schon vielen Patienten riet: „Ich will mich ein bisschen mehr bewegen als bisher“, sagt sie und lacht fröhlich.

So kennen sie ihre Kunden.

 ??  ?? Gudrun Haubold steht heute zum letzten Mal in ihrer Marienapot­heke. Sie gibt den Staffelsta­b an Sandra Köhler (links) weiter. Foto: Hans-Peter Stadermann
Gudrun Haubold steht heute zum letzten Mal in ihrer Marienapot­heke. Sie gibt den Staffelsta­b an Sandra Köhler (links) weiter. Foto: Hans-Peter Stadermann

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