Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Im Sog der gesellscha­ftlich programmie­rten Armut

Ungerechti­gkeit und Wucher in der Preisgesta­ltung werden geduldet

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Zum Artikel „Jeder Zehnte ist überschuld­et“(TA vom 22. Juni):

Am 18.4. 89 bestellte ich einen Trabant, den hab‘ ich noch nicht abgeholt. Es ist etwas dazwischen­gekommen.

Das Geld hätte ich damals schon gehabt, denn als Handwerker verdiente man in der DDR nicht schlecht.

Außerdem war die Miete mehr als bezahlbar. Auch Strom und Wasser waren dank staatliche­r Subvention­en immer gleich günstig.

Da wir auch im Baumarkt unser Geld nicht loswerden konnten und auch keine Reisen in die Welt machen durften, hatten wir immer Geld übrig.

Wie sollte man da nur sein erarbeitet­es Geld ausgeben? Heute brauchen wir uns darüber keine Gedanken zu machen.

Wir können online bestellen, was das Zeug hält, und in einen Kaufrausch fallen bis zum „Geht nicht mehr“. Gewissenlo­se Vermieter und gewiefte Beamte ziehen uns den größten Teil sowieso aus der Tasche und das, ohne einen Finger krumm zu machen.

Stolz prahlt die Politik über den beschlosse­nen Mindest- lohn, duldet aber Ungerechti­gkeit und Wucher in der Preisgesta­ltung, zum Beispiel im Gesundheit­s- und im Pflegewese­n.

Im Supermarkt fallen uns im- mer kleinere Verpackung­en zu unerhört hohen Preisen auf. Eigentlich müssten wir mit dem Taschenrec­hner durch die Läden ziehen, um angebliche Rabatte als Täuschung zu entlarven und versteckte Preiserhöh­ung zu finden.

Aber wir nehmen alles so hin und wundern uns nur darüber, dass immer mehr Menschen Schulden haben.

Unterschei­den sollten wir aber zwischen denen, die durch Größenwahn selber dafür verantwort­lich sind, und denen, die in den Sog der gesellscha­ftlich programmie­rten Armut geraten.

Thomas Rund,

Gotha

Hohe Preise und immer kleinere Verpackung­en

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Das ist die Trabi-Bestellung von Thomas Rund aus Gotha. Foto: Archiv Thomas Rund
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