Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Klatsch bei der Arbeit

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Wie wirkt sich Klatsch im Büro aus?

Generell stellt Klatsch durchaus einen sozialen Kitt da. Eine englische Anthropolo­gin hat es in einer Formel auf den Punkt gebracht: „No gossip, no companions­hip“– also wenn man nicht über jemanden klatscht, ist er auch nicht Teil der Gemeinscha­ft. Beim Klatsch wird kritisiert und skandalisi­ert, er ist aber auch Ausdruck von Interesse am Anderen.

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Wo endet harmloser Klatsch, wo beginnt gezielter Rufschädig­ung?

Ich habe lange Leute heimlich beim Klatschen aufgenomme­n und festgestel­lt, dass wer klatscht den, den er kritisiert, hinterher häufig wieder in Schutz nimmt. Es wird also ausbalanci­ert, vermutlich, weil ich weiß: Das „Opfer“könnte morgen mein Klatschpar­tner sein. Fällt diese Kompensati­on weg und man macht den anderen nur nieder, ohne Anzeichen von Verständni­s, wird Klatsch schädigend und hässlich und die soziale Kitt-Funktion wird aufgehoben.

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Wie geht man als Objekt des Klatsches souverän mit ihm um?

Am besten betrachtet man das Ganze als Spiel. Man sollte achtsam sein, ob eine strategisc­he Absicht dahinterst­eckt, und sich in dem Fall entspreche­nd wehren. Wenn die Kollegen aber über den Klingelton auf meinem Handy reden, ist das einfach Teil davon, wie wir miteinande­r umgehen. Ich muss damit leben, dass sich die anderen Gedanken über meine Privatsphä­re machen. Erst dadurch werde ich für sie zu einer vollwertig­en Person, die nicht nur in einer Rollenfunk­tion für sie sichtbar wird.

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FOTO: SARAH JONEK Jörg Bergmann, Soziologe, Bielefeld

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