Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Textilinstitut ermöglicht 40-Millionen-Investition
Finnischer Konzern will getrockneten Papierzellstoff in Fasern umwandeln. Rudolstädter an Entwicklung beteiligt
Rudolstadt. Das Thüringische Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) aus Rudolstadt ist an einer 40 Millionen Euro großen Investition der finnischen Metsä Group beteiligt. Der zu den führenden nordeuropäischen Unternehmen der Zellstoff- und Papierindustrie zählende Konzern hat dazu mit der japanischen Itochu Corporation eine Zusammenarbeit vereinbart. Gemeinsam wird Finnland eine Demonstrationsanlage für holzbasierte Textilfasern errichtet. Das TITK bringt als Mitglied eines internationalen Projektkonsortiums bringt seine Transferkompetenz zum sogenannten Lyocell-Verfahren ein.
Bei dem Verfahren wird Zellulose in einem organischen Lösungsmittel aufgelöst und zu textilen Fasern versponnen. Diese sind genauso fein wie Baumwolle und finden vor allem in zwei Bereichen Verwendung – bei Bekleidung und bei technischen Textilien, etwa in Bezugsstoffen für Möbel oder Materialien in Autos.
Als Rohstoff werde in diesem Vorhaben weltweit erstmalig nicht getrockneter Papierzellstoff verwendet, so das Unternehmen. Die Umwandlung in Textilfasern durch sogenannte Direktauflösung erledige ein neues, im Vorfeld der Investition entwickeltes Lösungsmittel. Es ermögliche eine Verfahrensvariante, die zugleich die Umweltbelastung senke. Denn der Zellstoff werde noch feucht in den Löse- und Verspinnprozess eingebracht, während er bei herkömmlichen Prozessen erst getrocknet, konfektioniert und vor Anwendung gemahlen werden muss. Die neue Technologievariante wurde maßgeblich von finnischen Partnern wie den Universitäten in Aalto und Helsinki, dem VTT Technical Research Centre of Finland und dem TITK aus Rudolstadt entwickelt.
Für das nunmehr begonnene Investitionsvorhaben in Äanekoski bleiben die Thüringer auch weiterhin ein wichtiger Partner. „Wir bringen nicht nur unsere Kenntnisse über die gesamte Prozesskette ein, sondern auch die bisherigen Transfererfahrungen bei der Errichtung mehrerer Pilotanlagen“, begründet Frank Meister, Leiter der Abteilung Native Polymere und Chemische Forschung am TITK. Erste Schritte fürs Recycling des eingesetzten Lösungsmittels seien ebenfalls schon konzipiert.
Ende 2019 soll die Anlage ihren Betrieb mit einer Jahreskapazität von 500 Tonnen aufnehmen. Binnen drei Jahren gilt es, die Machbarkeit der neuen Textilfaser-Produktionstechnologie nachzuweisen. (red)