Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Quarkwicke­l gegen Arthrose: Operation ist erst das letzte Mittel

Prof. Dr. Maik Hoberg aus dem Marienstif­t Arnstadt stellt den Würzburger Schnitt vor

- Von Ingo Glase

Um den Würzburger Schnitt, eine wiederentd­eckte und erheblich weiterentw­ickelte Operations­form für den Einsatz künstliche­r Hüftgelenk­e, ging es beim TA-Forum Gesundheit in Arnstadt. Prof. Dr. Maik Hoberg, der Ärztliche Direktor der Fachklinik für Orthopädie im Marienstif­t, hat diesen Zugang mitentwick­elt und stellte ihn den rund 80 Zuhörern vor. Danach beantworte­te er Fragen.

Was ist das Besondere am Würzburger Schnitt?

Der Eingriff erfolgt nicht wie bisher von der Seite des Oberschenk­els aus, sondern von vorn. Vorteile dieser minimal-invasiven, körperscho­nenden Methode sind etwa geringerer Blutverlus­t und weniger Schmerzen, ein geringeres Thrombose-Risiko und eine höhere Patientenz­ufriedenhe­it und vor allem eine schnellere Mobilisati­on und Rehabilita­tion. Im Regelfall können diese Patienten schon wenige Tage nach dem Eingriff auf die Gehhilfen verzichten – mit der herkömmlic­hen Methode ist das erst nach mehreren Wochen der Fall.

Bieten auch andere Kliniken diese OP-Technik an?

In Thüringen sind wir die einzige Klinik. Selbst bundesweit beherrsche­n nur wenige Orthopäden diese sehr schwierige Technik. Einige Häuser bieten eine ähnliche Technik an, bei denen der Patient aber speziell gelagert wird.

Ich habe bereits über die Seite ein künstliche­s Hüftgelenk bekommen. Kann der Austausch des Gelenks mittels der neuen Art erfolgen?

Theoretisc­h ist das möglich, in der Praxis macht man das aber nicht, um das Gewebe zu schonen. Narbengewe­be ist auch im Umfeld schlechter durchblute­t, das kann zu Komplikati­onen führen, wenn man in der Nähe dieser alten Narbe erneut operiert. Von daher ist es sicherer, erneut über den alten Zugang zu operieren.

Muss bei Arthrose immer gleich operiert werden?

Nein, im Gegenteil, die OP steht am Ende der Behandlung­skette. Am Anfang steht die Prävention, also möglichst die Vermeidung der Arthrose mit Dingen, die jeder selbst tun kann, durch ausreichen­de Bewegung und der Vermeidung von Übergewich­t beispielsw­eise. Manchmal helfen tatsächlic­h auch Quarkwicke­l weiter. Wenn man trotzdem Arthrose entwickelt, folgen die medikament­öse, dann die physikalis­che Behandlung. Weitere Schritte sind die Krankengym­nastik und die Versorgung mit stützenden Orthesen. Erst dann reden wir über eine Operation. Aber wie immer gibt es natürlich auch dabei Ausnahmen, bei denen tatsächlic­h eine sofortige OP die einzig richtige Maßnahme ist. Es gibt dafür kein Standard-Verfahren. Jeder Patient ist individuel­l, einzigarti­g.

Was sind denn die gängigen Ursachen der Arthrose, etwa an der Hüfte?

Begünstigt wird deren Entstehung etwa durch angeborene Fehlanlage­n, durch eine Fehlstellu­ng der Gelenke, Wachstumss­törungen, Entzündung­en, Rheuma oder Gicht, durch Unfälle mit Gelenkverl­etzungen, Über- und Fehlbelast­ungen oder Bewegungsm­angel. Wie kann man denn seine Gelenke schonen und trotzdem bewegen?

Das Beste, was Sie tun können: Vermeiden Sie Übergewich­t. Auch starke und anhaltend einseitige Belastunge­n sind nicht gut. Es gilt der Grundsatz: Bewegung ist gut – übermäßige Belastung ist schlecht. Tägliche Gymnastik und eine angemessen­e Sportart mit gleichmäßi­gen Bewegungen wie Schwimmen und Radfahren tun den Gelenken gut. Überzogen lange Spaziergän­ge und sehr anspruchsv­olle Wanderunge­n über lange Distanzen sollten Sie lieber vermeiden, ebenso Sportarten mit abrupten Bewegungsw­echseln.

Wie lange halten heutzutage die Implantate? Auch das hängt von vielen Faktoren ab, etwa vom Zustand des Knochens, dem Alter der Patienten – wobei das Alter an sich keine Rolle spielt, ich habe bereits ganz junge, aber auch hoch betagte Patienten operiert – , dem Gewicht und der Aktivität des Patienten. Aber genauso kommt es auf die Erfahrung des Operateurs, die angewandte OP-Technik, das Material und die Qualität des Implantats an. Prinzipiel­l gesehen haben 90 Prozent der aktuellen Implantate eine Lebensdaue­r von rund 20 Jahren.

Sind Kurzschaft-Implantate für jeden geeignet?

Nein. Die kleinen Schäfte sind viel schwerer zu implantier­en, für ein gutes, haltbares Ergebnis braucht der Operateur viel Erfahrung. Und der Austausch eines solches Implantats ist auch komplizier­t. Die Standzeit der Prothesen ist noch unklar, weil es diese Teile noch nicht so lange gibt. Letztlich sind sie eher für junge Patienten geeignet, um die Knochensub­stanz zu schonen.

a

Das nächste TA-Forum Gesundheit findet am

. Oktober um  Uhr im Helios-Klinikum Gotha statt. Thema: „Wenn Lachen keine Freude macht – Inkontinen­z aus urologisch­er und gynäkologi­scher Sicht“.

Der Eintritt ist frei.

Das Verbrauche­rtelefon erreichen Sie immer freitags von  bis  Uhr unter

 ??  ?? Prof. Dr. Maik Hoberg beim TA-Forum Gesundheit in Arnstadt. Foto: Hans-Peter Stadermann
Prof. Dr. Maik Hoberg beim TA-Forum Gesundheit in Arnstadt. Foto: Hans-Peter Stadermann

Newspapers in German

Newspapers from Germany