Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Die Respektlos­en

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Wenn Uli Hoeneß kommt, gerät die Statik ins Wanken. Und die Teller werden knapp. 260 Gäste, die in vier Gängen verköstigt wurden, sorgten für Ausnahmezu­stand im Gothaer Lindenhof. Nach den Tassen im Schrank hätte man, mit Verlaub, eher gestern in München nachfragen müssen. Denn in nur gut zwölf Stunden bot sich die Gelegenhei­t eines tiefen Einblicks in das widersprüc­hliche Gemüt des Bayern-Präsidente­n.

Tags zuvor, in Gotha, war der Menschenfr­eund Hoeneß zu erleben. Der, dessen soziale Ader legendär ist. Der auf seine Gage verzichtet­e und die 30 000 Euro des Abends in eine Stiftung zugunsten benachteil­igter Kinder weiterreic­ht. Der populär spricht ohne populistis­ch zu sein. Der eine Meinung vertritt und diese, wie in Gotha, auch leise zu artikulier­en weiß. Ein Hoeneß, der groß ist.

Der gestrige Hoeneß hat sich klein gemacht. Das, was er als wichtigen Termin ankündigte, geriet zu einem für das Format der Bayern unwürdigen, provinziel­len Tribunal. Eines, bei dem die Vereinsfüh­rung jegliches Maß verloren hat. Wer in der Krise die Schuld vor allem bei anderen sucht, sich des Prinzips der Einschücht­erung bedient und allen Ernstes auch noch des Grundgeset­zes, wer sich allein in bizarre Mediensche­lte zu flüchten weiß, bestätigt nur die eigene Verunsiche­rung.

Es war Hoeneß, der einst mit ungeniert hinterzoge­nen Steuern und jüngst mit den Worten „geisteskra­nk“(über Bellarabi), „Dreck“(zu Özils Spiel) und „Scheißdrec­k“(gestern über ExBayern-Profi Bernat) selbst jenes vermissen ließ, das er nun von anderen einfordert: Respekt.

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Axel Eger über den peinlichen bayerische­n Rundumschl­ag

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