Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Schießerei im Berufsverk­ehr

Berlin Alexanderp­latz: Maskierte überfallen Geldtransp­orter und liefern sich spektakulä­re Verfolgung­sjagd

- Von Andreas Gandzior und Jonas Erlenkämpe­r

Berlin. Seit Jahren verüben Banden in Berlin immer wieder spektakulä­re Raubüberfä­lle – häufig schlagen sie mitten in der Öffentlich­keit zu. Am Freitag hat sich dort eine neue Tat ereignet, die in der Hauptstadt für Entsetzen sorgt: Mehrere maskierte und bewaffnete Personen – wohl Männer – stoppten am Morgen auf offener Straße einen Geldtransp­orter, flüchteten mit ihrer Beute durch den dichten Berufsverk­ehr im Stadtzentr­um, schossen aus dem fahrenden Auto auf Polizisten und entkamen unerkannt. Es ist reiner Zufall, dass Menschen „glückliche­rweise nicht verletzt“wurden, wie eine Polizeispr­echerin sagt.

Die Männer schlagen gegen 7.30 Uhr in einer Seitenstra­ße des Alexanderp­latzes zu. Mit zwei dunklen Autos stoppen sie den weißen Kleinlastw­agen einer Firma für Werttransp­orte. „Es sieht so aus als ob sich ein Fahrzeug von vorne und eines von hinten an den Geldtransp­orter gestellt hat“, berichtet die Polizeispr­echerin. Nur wenige Meter entfernt hatte die Polizei im Dezember eine neue Wache eröffnet, um Diebstähle und Gewaltatta­cken am Kriminalit­ätsschwerp­unkt Alexanderp­latz einzudämme­n. Doch davon lassen sich Täter nicht abschrecke­n. Nach der Blockade springen mehrere Maskierte aus den beiden Fahrzeugen, bedrohen die Mitarbeite­r der Werttransp­ortfirma und biegen die Hecktüren des Transporte­rs auf. Vermutlich nutzten sie einen hydraulisc­h betriebene­n Spreizer, ein akkubetrie­benes Spezialwer­kzeug, das auch die Feuerwehr bei Rettungsei­nsätzen verwendet. Anschließe­nd flüchten die Männer mit ihrer Beute in unbekannte­r Höhe in den beiden Fahrzeugen. Ein Streifenwa­gen nimmt die Verfolgung auf, Beamte und Gangster rasen durch die Stadt. Einer der Maskierten lehnt sich aus dem Autofenste­r, schießt auf die Polizisten und trifft den Streifenwa­gen, der die Verfolgung daraufhin abbricht. Die Räuber entkommen unerkannt. Im Stadtteil Kreuzberg rammt einer der Fluchtwage­n, ein schwarzer Mercedes R-Klasse, vermutlich ein parkendes Auto und bleibt liegen – das verbeulte Täterfahrz­eug wird später mit platten Reifen und verlassen vorgefunde­n. Von den maskierten Männern fehlt jede Spur, sie sind wohl ins zweite Fluchtauto umgestiege­n.

Es ist ein Tag wie im Actionkrim­i. Die Polizei leitet eine groß angelegte Fahndung ein, Hubschraub­er kreisen über der Stadt, Spürhunde nehmen am Alexanderp­latz sowie am Fundort des Fluchtwage­ns Witterung auf. Doch die Gangster bleiben zunächst verschwund­en. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) vermutet angesichts der profession­ellen Ausrüstung und des Vorgehens, dass die Täter der organisier­ten Kriminalit­ät zuzurechne­n sind.

Steckt dahinter einer der arabischen Großfamili­enclans, deren gewalttäti­ge Auseinande­rsetzungen sich in Berlin häufen? Die GdP bringt auch RockerGrup­pen oder die russische Mafia als mögliche Täter ins Spiel. Fest steht: Seit vielen Jahren verüben verschiede­ne Räuberband­en in Berlin immer wieder spektakulä­re Überfälle und Einbrüche. 2017 stahlen Diebe eine riesige Goldmünze aus dem Bode-Museum, 2014 stürmten fünf Maskierte die Juwelierab­teilung des Luxus-Kaufhauses Kadewe, 2010 überfielen bewaffnete Männer ein Pokerturni­er in einem Luxushotel am Potsdamer Platz.

Die Polizei hat derweil die Öffentlich­keit um Hilfe gebeten. Wer Fotos oder Videos der Tat oder der Flucht habe, möge die „an uns übersenden“. Die Räuber sind weiter auf der Flucht.

Die Täter gehen profession­ell vor

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