Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Weißes Gold mit rosa Schimmer
Stellen Sie sich vor, man nähme uns die Mutter aller Gewürze weg. Die Pumpe würde aufhören zu pumpen, Muskeln würden nicht mehr zucken, das Hirn wäre dann auch bei wirklich allen eine gedankenlose Masse. Ohne Pfeffer wäre es nur langweilig , ohne Salz tödlich. Aber dem sich aus dem Supermarkt ernährenden Bürger ist es schier unmöglich, nicht auf sein „Salär“– so hieß das Salzdeputat der Legionäre Roms – zu kommen. 80 Prozent der Zufuhr kommen nicht aus priselnden Fingern oder dem Streuer, sondern aus Brot, Wurst und Co. So weit, so ungesund.
Zum Ungemach der Lebensmittelindustrie ist nun aber das Salz nicht mehr wie in der Altzeit mit Gold aufzuwiegen, sondern ziemlich inflationär zu fördern, also billig. Aber die Würzbarone sind natürlich findig und karren das Salz aus jedem Gebirge heran, vorzugsweise aus dem Himalaya und jedem noch so toten Gewässer. Dabei kommt doch bei näherer Betrachtungsweise jedes Salz aus irgendeinem lebendigen oder abgestorbenen Meer. Und Salz schmeckt nach Salz, ob teuer oder billig. Doch Anfahrtsweg und Namen lässt man sich natürlich kräftig bezahlen.
Schmecken kann man da wenig, allenfalls Bitterstoffe durch die Mineralien. Salz bleibt Salz – und auch das aus dem Himalaya besteht zu mindestens 97 Prozent aus Natriumchlorid, der Rest sind ein paar Mineralien und Rost. (Die rosarötliche Färbung kommt nämlich von Eisenpartikeln.) Im nicht minder exklusiven Hawaii-SaIz gibt’s ein wenig Ton oder Bambus dazu plus Gesundheitsversprechen ...
In Thüringen hingegen sieden wir Salz aus Solequellen schon mindestens seit des Großen Karls Zeiten. Salzungen oder Sulza tragen’s sogar im Namen. Ich sag’s ja nur.
Übrigens: Die täglich auf die Erde prasselnden kleinen Meteoriten verrieseln täglich 300 Kilo Natrium, aus denen 750 Kilo Kochsalz werden könnten. Ey, wie viel Kohle könnte man damit machen!